Franziska Teine – Juni 2020
Warum Audio-Feedback?
Über meine eigenen Erfahrungen als Lehrerin, die vor der Herausforderung steht den Unterricht und die alltäglichen Rückmeldungen, mit besonderer Betrachtung des Feedbacks für Klassenarbeiten bzw. Klausuren, zu optimieren und so lernwirksam wie möglich zu gestalten, war ich mit den bisherigen Möglichkeiten unzufrieden. Neben der Arbeit eine Klausur zu korrigieren, am Rand Korrekturzeichen und längere Kommentare mit Hinweisen zu verfassen und optimierend einen Erwartungshorizont beizufügen, erschien mir die Wirkung dieses gegebenen Feedbacks nach der Rückgabe der Ergebnisse zu verpuffen. Naturgemäß sind die entstandenen Noten(punkte), nach denen in unserem heutigen Schulsystem verlangt wird, von besonderem Interesse für unsere SuS, die zumeist sofort innerhalb des Klassensystems verglichen und manchmal noch über die angegebenen Korrekturzeichen und Kommentare überprüft werden. Eine wirkliche Beschäftigung mit den eigenen Fehlern oder Erfolgen scheint für viele Schüler nur unter verpflichtenden Aufgaben, wie beispielsweise einer Verbesserung mit bestimmten Schwerpunkten, möglich. Dieses Schülerverhalten konnte ich in all meinen drei Fächern und in allen Jahrgangsstufen beobachten.
Auch wenn ein Feedback im Idealfall immer dialogisch zu führen ist, wäre die Lösung eines effektiven direkten mündlichen Feedbacks mit einer Besprechung zur Leistung, beinhaltend mit Kommentaren zur Aufgaben-, Prozess- und Selbstregulationsebene, die die Perspektiven des Ist-Standes und des Soll-Standes fokussieren, bei einer vollen Unterrichtsbelastung nicht für jeden Schüler, nach jeder Klassenarbeit bzw. Klausur, in allen Klassen bzw. Kursen durchführbar.
Insbesondere mit der aktuellen Situation des Lernens von Zuhause, ist diese Möglichkeit von Feedback geben aber auch des Feedback-Einholens umso wichtiger, um den SuS Entwicklungsschritte transparent darzulegen, Motivation für ein verbessertes Lernen und kommende Themen zu schaffen und den eigenen Unterricht auf die Distanz hin zu reflektieren.
Innerhalb des Referendariats traf ich auf die Möglichkeit des Audio-Feedbacks. Kurz gesagt: die Übermittlung einer Audiodatei an die Schüler, mit einer aufgenommenen Rückmeldung zu einer Aufgabe. Inzwischen gibt es viele Möglichkeiten für Lehrkräften Audio-Feedbacks zu geben, als auch zu erhalten. Über das Aufnehmen am Computer oder Smartphone, beispielsweise mit Audacity, und dem Verschicken über den eigenen Schulserver bis hin zu speziellen Apps, mit denen man das Feedback aufnimmt, den Schüler die Audiodatei per QR-Code zur Verfügung stellt und diese dann eine Rückantwort geben können, gibt es inzwischen zahlreiche Möglichkeiten eine Rückmeldung zur Verfügung zu stellen.
Unterschiedliche Möglichkeiten der Umsetzung
Im Folgenden möchte ich meinen Arbeitsflow und die Evaluation zum Audio-Feeback von SuS und KuK vorstellen.
Grundsätzlich sei gesagt, auch ich schaffe es nicht jede einzelne Klassenarbeit oder einzelnes Projekt von meinen aktuell 10 Kursen über ein Audio-Feeback rückzumelden. Bei besonders wichtigen Themen oder längeren Projektarbeiten möchte ich die Arbeit der SuS jedoch besonders wertschätzen und differenzierteres und ansprechenderes Feedback geben.
Ist es nach meiner Einschätzung sinnvoll einen QR-Code zu benutzen, über den die Schüler das Feedback anhören und zudem auch darauf mit einer eigenen Sprachnachricht in selben System antworten können, nutze ich gerne die App Qwiqr, die im vollen Leistungsumfang kostenpflichtig ist. Hier meldet man sich an und druckt generierte QR-Codes aus. Diese scannt man dann und spricht sein Feedback für die Schüler ein. Danach klebt man den QR-Code auf.
Vorteil:
- Optisch ansprechend für die Schüler
- Kein extra Schritt zur Umwandlung oder Speicherung in eigener Cloud
- Eine Rückmeldung von den SuS an die Lehrkraft ist einstellbar
- Man kann sehen, ob und wann ein Feedback angehört wurde
Nachteil:
- Es gibt immer noch SuS die QR-Codes nicht selbstständig einscannen können
- Ist man mit der Audioaufnahme nicht zufrieden, muss man sie komplett wiederholen oder sehr tolerant gegenüber der eigenen Fehler werden
- Sollen die Dateien langfristig gespeichert werden, um ein zirkuläres Lernen (z.B. vor der nächsten Arbeit) voranzutreiben, ist die App kostenpflichtig (2$ pro Monat)
Möchte ich keine Kontrolle über den Abruf oder nicht die Möglichkeit, dass mir meine Schüler über die App eine Rückantwort aufnehmen können, ist auch die klassische Aufnahme am Computer oder Tablet/Handy möglich. Hier ergeben sich jedoch mehr Arbeitsschritte für die Lehrkraft, die bei den ersten paar Malen deutlich länger dauern können, als eine Standardrückmeldung von 5 Sätzen unter der Arbeit. Wichtig: Am besten im MP3-Format abspeichern, da nach meinen Erfahrungen nicht jedes Schülergerät eine MP4 abrufen kann.

Die Aufnahme tätige ich dann gerne in Audacity, exportiere das Audio in MP3 und verschicke diese dann über unseren Schulserver auf die persönliche Mailadresse des Schülers.
Vorteil:
- Abspeichern in jedem Format
- Man kann die Datei schneiden, falls man unzufrieden mit dem eigenen Sprechpart ist
- Kostenlos
Nachteil:
- Erstmalige Einarbeitung in das etwas komplexere Programm
- Nur auf dem Computer nutzbar

Da ich meinen Workflow aktuell aber versuche auf dem iPad zu optimieren, habe ich auch eine dritte Variante. Hierfür nutze ich, nach vielem Ausprobieren, die App Hokusai 2. Hier kann man in passenden Formaten exportieren, man kann die Audiospur schneiden und die Einarbeitung kostet relativ wenig Zeit. Kleiner Nachteil: sie kostet einmalig.
Wie am Bild (Seite zuvor) zu sehen ist, versuche ich die Beschriftung der Dateien weitestgehend für andere zu anonymisieren. In den Audiodateien selbst verwende ich auch keine Schülernamen.
Innerhalb des Audio-Feedbacks versuche ich aspektorientiert und entlang des Erwartungshorizontes, der bei meinen Rückmeldung immer dabei ist, auf der Ebene der Aufgabe, vor allem aber der des Prozesses und der Selbstregulation, mein Feedback zu formulieren. In meinem Prozess zum perfekten Feedback hat sich gezeigt, dass das Audio maximal 5 Minuten lang sein sollte, um wirklich noch komplett wahrgenommen zu werden. Zu dem Audio-Feedback gibt es zudem auch immer eine anschließende Aufgabe für die SuS, um das gegebene Feedback selber einmal in Worte zu fassen und zu reflektieren.

Evaluation bei SuS, Eltern und KuK
„Ich fand es merkwürdig so persönliches, spezifisches Feedback zu kriegen. Ich glaube aber, dass man damit sehr viel besser die eigenen Fehler erkennen kann“.
Innerhalb meiner schriftlichen Hausarbeit im Referendariat und auch darüber hinaus, habe ich überwiegend sehr positives Feedback zu dieser Möglichkeit erhalten.
Negativ fiel auf, dass in meinen Auswertungen (2017) ca. 8% der SuS nicht in der Lage waren, das Feedback über den QR-Code anzuhören. In meiner jetzigen 5.Klasse (2020) fehlt lediglich einem Schüler die technische Ausstattung. Hier unterstütze ich mit meinen eigenen Geräten, um das Anhören, auch mehrmals, zu ermöglichen.
Ansonsten besticht diese Art des Feedbacks vor allem in den Punkten, dass die Audio-Datei immer wieder angehört werden kann, was ca. 1/3 der SuS nutzen und eine erheblichere persönliche Ansprache ermöglicht, die von den SuS als besonders wertschätzend wahrgenommen wird. Die Vermittlung der wahren Emotionen der Lehrkraft können hier 1:1 vermittelt werden. Natürlich kann man hier auch einmal schimpfen und leicht verzweifelt klingen und dennoch melden mir meine Schüler zurück, immer auch meine gute Absicht für sie dahinter zu hören.
„Es hört sich viel wohlwollender an, als die schwarz, roten Kommentare unter einer Arbeit, die sich meist eher böse anhören.“
Dieses Wohlwollen und auch die Wertschätzung scheinen auch bei den Eltern, diese Form des Feedbacks besonders zu machen.
Unter den Lehrkräften wurde diese Methode der Rückmeldung in allen Fächern angewendet und ebenfalls eine Länge von maximal 5 Minuten als ausreichend eingeordnet.




Weitere Anregungen dazu gibt es hier:
Blog von Sonja Senftleben (Hennig) : FE02
Persönliche Keynote zum Thema für Barcamps: FE03

Das Buch zum Beitrag
Dieser Beitrag stammt aus unserem Buch “Hybridunterricht 101” – ein Gemeinschaftswerk von 33 Autor:innen, das zeigt, wie Hybridunterricht in modernen Unterrichtskonzepten umgesetzt werden kann. Es geht dabei nicht nur um die Digitalisierung sondern auch um soziale Aspekte, die für hybrides Lernen wichtig sind.
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