Franziska Teine – Juni 2020
„However, the benefits of feedback depend a great deal on how the feedback is delivered“.
(London, 2003)
Schule stellt einen Raum der Kommunikation und des Dialoges dar. Täglich kommt es hierbei zu Rückmeldungen von Lehrern an Schüler. In der Phase der Vermittlung, des Einübens und der praktischen Anwendung von Unterrichtsinhalten und bei dem Aufbau, der Verwendung und der Erweiterung von Kompetenzen, sowie bei regelmäßig vorgegebenen Leistungsfeststellungen benötigt der Schüler eine der Situation angemessene und auf ihn abgestimmte Rückmeldung für sein Handeln, Wirken und Schaffen. Denn ohne Rückmeldung kann es zu keiner Veränderung und keiner Entwicklung des Schülers kommen. „Der Mensch braucht das »Du« (Buber 1923)“ (aus Buhren, S. 29).
Der Begriff des Feedbacks beinhaltet laut Buhren verschiedene benötigte Merkmale. Dem Lehrer kommt die Rolle des Datensammlers, Auswerters und Interpreten zu, der aus seinen Ergebnissen Konsequenzen für das Feedback an den Schüler ableiten muss. Zudem sollte Feedback immer Prozesshaftigkeit und Zirkularität aufweisen, um über die Zeit die Fähigkeiten der Schüler optimal zu fördern und zu fordern.
Über diese Merkmale hinweg kann Feedback unterschiedliche Formen annehmen und kann sowohl intim zwischen Lehrer und Schüler stattfinden, als auch für größere Gruppen bis hin zur gesamten Klasse geöffnet werden. Die Rolle des Feedback-Gebenden kann alleine dem Lehrer zugeteilt sein, als auch auf den einzelnen Schüler oder die Gruppe übergehen. Die Rolle des Feedback-Empfangenden kann und sollte ebenfalls sowohl von einem einzelnen Schüler, einer Schülergruppe als auch dem Lehrer eingenommen werden können. Die Methode des Feedbacks bietet somit eine Vielzahl an Möglichkeiten für Schüler und Lehrer, die je nach Situation des Unterrichts an die Gegebenheiten angepasst werden muss und kontinuierlich im Unterricht genutzt werden sollte. Denn obwohl Feedback auch die Ansprache von Fehlern, Schwächen und Verbesserungsmöglichkeiten beinhaltet und somit der Schüler mit negativen Aspekten, und nicht nur Lob, konfrontiert wird, erzielt richtig angewandtes Feedback viele positive Effekte. Es beeinflusst das Verhalten der Schüler, indem es ein zielgerichtetes Verhalten steuert und dem Schüler ermöglicht gesetzte, sehr breit gefächerte Ziele zu erreichen. Es sollte immer selbstbestärkend formuliert sein und den Schülern helfen die eigenen Fehler zu erkennen. Kontinuierlich fortgeführt ermöglicht dieses Prozedere eine genauere und komplexere Selbsteinschätzung und –wahrnehmung und eine Verkleinerung des „Johari-Fensters“ (Hiebl & Seitz) und unterstützt somit den eigenen individuellen Lernprozess beim Schüler. Mit Blick auf die positiv erreichten Ziele verstärkt es die Motivation. Zudem fühlt sich der Schüler mit einem individuellen Feedback vielmehr mit der Aufgabe verbunden und die Schüler-Lehrer-Beziehung wird gefestigt. Ist der Prozess des Feedback-Gebens in einer Klasse etabliert und haben die Schüler positive Erfahrungen machen können, fangen sie eigenständig an dieses Feedback für ihre Entwicklung weiter einfordern (Vgl. Buhren).
Als einer der bekanntesten Unterstützer für Feedback dürfte John Hattie genannt werden, der tausende Metadaten von Untersuchungen zusammengefasst hat, um die Effektstärke von unterschiedlichen Faktoren für lernwirksamen Unterricht zu benennen. Hierbei tritt der Einfluss von Feedback als aktuell beste erforschte Methode hervor und kann mit Hatties festgestellter Effektstärke überzeugen. Während Faktoren mit einer Effektstärke zwischen 0,2-0,4 als gewöhnlicher, durchschnittlicher Lernzuwachs innerhalb eines Schuljahres angesehen werden, kann ab einem Wert von 0,4 von einem starken Effekt für das Lernen gesprochen werden. Feedback im Allgemeinen ist eine Effektstärke von 0,73 zuzuordnen. Darüber hinaus sollten noch weitere Faktoren erwähnt werden, die in jedes Feedback mit einfließen können. Das Aufzeigen von Lernzielen erhielt einen Effekt von 0,50. Die Klarheit der Lehrperson ist ebenfalls sehr hoch mit einem Wert von 0,75 zu verorten. Die Verstärkung von erwünschtem Verhalten durch den Lehrer erhält ein Ergebnis von 0,94. (Vgl. Buhren, Hattie & Zierer und Hattie 2014)
Neben der Effektstärke für das allgemeine Feedback führt Hattie unterschiedliche Feedback-Ebenen ein, die für ein gesamtheitliches und förderliches Feedback berücksichtigt werden sollten. Diese Ebenen bauen darauf auf, dass eine reine Notenvergabe für einen effektiven Lernprozess nicht förderlich ist und deshalb eine „Kommentierung der bearbeiteten Aufgaben oder der erstellten Produkte“ (Vgl. Hattie/Timperley aus Buhren, S.40), egal in welcher Form, das Ziel für ein Feedback sein sollte. In diesem Feedback sollte sich nicht alleinig auf die Aufgaben-Ebene bezogen werden, die eine Rückmeldung zum Produkt gibt und widerspiegelt, wie gut die Aufgaben verstanden bzw. erledigt wurden. Hatties Ergebnissen zufolge thematisiert aktuelles Lehrer-Feedback zu über 50% die Ebene der Aufgabe. Viel förderlicher wäre eine stärkere Konzentration auf die Prozess– und die Selbstregulations-Ebene. Für den Schüler müssen die Fragen beantwortet werden, was getan werden muss, um die Aufgaben zukünftig besser verstehen und bewältigen zu können (Prozess) und welche Strategien angewendet werden können, damit der Schüler die eigene Aktivität nützlicher regulieren und steuern kann (Selbstregulation). Beide Ebenen werden bisher nur vereinzelt für Feedback, 25% zum Prozess und 2% zur Selbstregulation, eingesetzt. Zuletzt führt Hattie die Selbst-Ebene an, die jedoch keine Informationen für einen zukünftigen Lernprozess bereithält, sondern alleinig Persönlichkeitsmerkmale des Schülers kommentiert. Diese Ebene integrieren 14% der aktuellen Lehrer in ihrem Feedback. Als Ergebnis ziehen Hattie und Zierer das Fazit, dass ein Mehr an Feedback erst einen weiterreichenden Effekt erzielt, wenn sich das Feedback neben der Aufgaben-Ebene auch auf den Prozess und die Selbstregulation für den Schüler bezieht und Hilfestellungen für die Zukunft gegeben werden. In dieser Kombination können alle Ebenen ineinander wirken und somit kann „Feedback als komplexes didaktisches Mittel zur Steuerung und Optimierung von Lernprozessen“ (Hattie und Zierer, S.141) eingesetzt werden. Mit dieser Verknüpfung kann eine ungewöhnlich hohe Effektstärke von 1,10 erzielt werden (Vgl. Buhren, S.40).
Um diese Ebenen umfassend wiedergeben zu können, sollten folgende Leitfragen das Feedback strukturieren: Wohin gehst du? (Feed-up) Für diese Frage wird eine Rückmeldung zum Ist-Stand des Schülers gegeben. Sie befindet sich auf der Aufgaben-Ebene und fokussiert die Gegenwart. Wie kommst du voran? (Feed-back) Hierfür wird ein Vergleich zu vergangenen Leistungen gezogen und somit der Prozess des Schülers von der Vergangenheit bis heute in den Blick genommen. Wohin gehst du als nächstes? (Feed-forward) Um diese Perspektive für den Schüler aufzeigen zu können, muss der angestrebte Soll-Stand transparent dargelegt und Möglichkeiten zur eigenständigen Verbesserung aufgezeigt werden (Vgl. Hattie und Zierer).
Als weitere Merkmale von lernwirksamem Feedback muss zudem beachtet werden, wie dieses Feedback weitergeben wird. Es sollte eher beschreibend als bewertend und interpretierend sein. Die Einschätzungen und Vorschläge müssen erfahrungsbezogen und konkret formuliert werden. Es sollten lediglich beeinflussbare und veränderbare Aspekte des Handelns benannt werden, sodass man den Fokus auf das Verhalten legen kann, statt auf den Charakter des Schülers. Die Situation des Feedbacks-Gebens und das Feedback selbst sollten möglichst einladend und nicht zurechtweisend gestaltet werden, um eine Öffnung des Schülers zu begünstigen (Vgl. Hiebl & Seitz).
Die bisherigen Überlegungen fokussieren hauptsächlich die Merkmale eines lernwirksamen Feedbacks oder die Art des Feedback-Gebens. Zuletzt muss jedoch betont werden, dass der Feedback-Empfangene einen ebenfalls großen Stellenwert einnimmt. Es ist festzustellen, dass die wahrgenommene Nützlichkeit, die Autorität des Feedback-Gebenden und die gefühlte Effektivität des Feedback-Empfangenden über die tatsächliche Effektivität bestimmen (Vgl. Buhren, S.271). Zudem braucht es die Öffnung der Schüler für Feedback und den Willen zur Weiterentwicklung, um aus allen Rückmeldungen einen Nutzen ziehen zu können. Die Schüler müssen sich als selbstverantwortliche Lernende wahrnehmen, die in der eigenen Verantwortung stehen, ihr mögliches Potenzial mit der Begleitung der Lehrkraft auszuschöpfen. Schüler sollten erkennen, wie sie am besten lernen, wie sie bekommenes Feedback zur Optimierung systematisch nutzen können und wie sie im Sinne des selbstregulierenden Lernens eigene individuelle Lernwege gehen können. (Vgl. Berger, Granzer, Looss & Waack, S.33)
Literatur
Berger, R., Granzer, D., Looss, W., & Waack, S. (2013). Warum fragt ihr nicht einfach uns? Mit Schüler-Feedback lernwirksam unterrichten. Weinheim und Basel: Beltz Verlag.
Buhren, C.G. (Hrsg.). (2015). Feedback in der Schule. Weinheim und Basel: Beltz Verlag.
Hattie, J. (2014). Lernen sichtbar machen. Baltmannsweiler: Schneider Verlag.
Hattie, J., & Zierer, K. (2016). Kenne deinen Einfluss! – “Visible Learning” für die Unterrichtspraxis. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.
Hiebl, P., & Seitz, S. (2014). Feedbackkultur in Schulen – So gelingt der konstruktive Austausch mit Eltern, Schülern und Kollegium. Köln: Wolters Kluwer Deutschland GmbH.
London, M. (2003). Job Feedback: Giving, Seeking and Using Feedback for Performance Improvement. New Jersey: Lawrence Erlbaum Associates.
Transparenz ist gewiss auch anstrengend, aber oftmals der Schlüssel zu gelungener Kommunikation und Zusammenarbeit mit allen an Schule Beteiligten.
Katrin Wenzel
Wir sind alle Lernende.
Anna Reuter

Das Buch zum Beitrag
Dieser Beitrag stammt aus unserem Buch “Hybridunterricht 101” – ein Gemeinschaftswerk von 33 Autor:innen, das zeigt, wie Hybridunterricht in modernen Unterrichtskonzepten umgesetzt werden kann. Es geht dabei nicht nur um die Digitalisierung sondern auch um soziale Aspekte, die für hybrides Lernen wichtig sind.
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