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  • Diklusive Lernwelten
    • Einleitung – Diklusive Lernwelten
      • 1.2 Ergänzende Bemerkungen zum Vorwort
    • 2. Vorstellung der Autor:innen
    • 3. Diklusion
      • 3.1 Von der Exklusion zur Inklusion – Chancen digitaler Medien
      • 3.2 Diklusion auf allen Ebenen
      • 3.3 Empowerment – Gründe für den diklusiven Unterricht 
      • 3.4 Kompetenzen für einen diklusiven Unterricht
      • 3.5 Sonderpädagogisches diklusives Experten:innenwissen
    • 4. Lernen durch Assistive Technologien
      • 4.1 (Digitale) Barrieren abbauen
      • 4.2 Digitale Texte anforderungsärmer gestalten
      • 4.3 Fokussiertes Lesen von Homepages
      • 4.4 Analoge Texte vorlesen
      • 4.5 Zugänglichkeit von Arbeitsblättern
      • 4.6 Inklusive Sprachbildung mit Gebärden 
      • 4.7 Digitale Teilhabe im Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation 
      • 4.8 Ein Erfahrungsbericht zum Online Lernen mit unterstützt kommunizierenden Schüler:innen
      • 4.9 Erfahrungsbericht zur Nutzung von elektronischen Kommunikationshilfen
    • 5. Lernen mit Medien zur Individualisierung
      • 5.1 Individualisierung, Förderung und Selbststeuerung
        • 5.1.1 Beispiele für digitale Individualisierung im Unterricht
        • 5.1.2 Die Online Pinnwand TaskCards
        • 5.1.3 Eine interaktive Pinnwand zur Unterstützung des Distanzunterrichts 
        • 5.1.4 Interaktive Lernvideos mit H5P
        • 5.1.5 Individuelle Quiz erstellen 
        • 5.1.6. Selbstlernmaterialien mit Twine 2.0 erstellen
        • 5.1.7 Sprachförderung mit digitalen Medien
        • 5.1.8 Praxisorientierte Tipps im Lernsachen.blog 
        • 5.1.9 Ich habe mich sehr stolz gefühlt …
      • 5.2 Aus den Fächern
        • 5.2.1 Der Einsatz der App Book Creator im Deutschunterricht
        • 5.2.2 Schriftspracherwerb mit Schreiben DE 
        • 5.2.3 Digitale Förderung der narrativen Schreibkompetenzen
        • 5.2.4 Wortschatzarbeit für Lernende mit Deutsch als Zweitsprache 
        • 5.2.5 Bedürfnisorientierter Englischunterricht 
        • 5.2.6 Virtuelle Arbeitsmittel im Mathematikunterricht
        • 5.2.7 Online kritzeln, malen und zeichnen
        • 5.2.8 Produktion elektronischer Musik am iPad im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung
        • 5.2.9 Wearables im Sportunterricht 
        • 5.2.10 Nutzung einer App zur Unterstützten Kommunikation (UK) für den Leselernprozess
    • 6. Lernen mit Medien zur Kooperation/Kollaboration
      • 6.1 Stop-Motion Filme im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung
      • 6.2 Die Gründung Roms als Comic 
      • 6.3 Edubreakout 
      • 6.4 Kollaboratives Erstellen von Collagen
      • 6.5 Virtual Reality im Mittelalter 
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4.8 Lernaufgaben im Fokus

Ingo Klüsserath Mai 2020

Lernaufgaben werden hinsichtlich ihrer Bedeutung innerhalb einer Lernumgebung gerne unterschätzt, dabei bilden sie doch das „Herzstück“ (Leisen 2016, S.43) einer Steuerung des Lernprozesses und es kommt ihnen eine maßgebliche Funktion zu, die durch das Distanzlernen sogar noch an Bedeutung gewonnen hat.  

Bei der Planung von Unterricht kann man nach Leisen in materiale und personale Steuerung unterscheiden. Nach Diagnose des Vorwissens und des Kompetenzstandes der Lernenden stehen für ihn Material und Lernaufgabe im Mittelpunkt des Planungsprozesses, nicht primär Methode und Medien, womit der Fokus auf der Seite der Didaktik, nicht der Methodik liegt. Damit liegt er durchaus bereits im postdigitalen Trend. Leisen schlägt vor, in einem ersten Zugriffsschritt zu rezipieren, Materialien zu erfassen, zweitens unter fachlichen Gesichtspunkten zu analysieren, und drittens handelnd anzuwenden. (edb. S.47f)  

  • Aebli nennt als Grundformen des Lernens neben Referieren, Vorzeigen, Schreiben, auch Grundformen wie einen Handlungsaufbau erarbeiten, eine Operation problemlösend aufbauen und anwenden – immer ausgehend von der geleiteten zur selbstständigen Anwendung (Aebli 2011).  
  • Unter konstruktivistischen Aspekten könnte man von einem Dreischritt: Konstruktion, Rekonstruktion und Dekonstruktion sprechen (Reich 2010). 
  • Kongruent dazu ist der Ansatz Brüning/Saums, die die direkte Instruktion (Brüning, Saum 2019) im ersten Schritt als Methode anempfehlen, um dann kooperative (Brüning, Saum 2006) Arbeits- und Sozialformen anzuschließen. 
  • Die Bloom‘sche Taxonomie sieht bekanntermaßen Wissen, Verstehen, Anwenden, Analyse, Synthese und Evaluation als Stufen vor.  
  • Auch John Dewey steht mit seinem pragmatischen Ansatz dem nahe, indem er bekanntermaßen das Lernen in handlungsorientierten Projekten empfiehlt. 

In allen Ansätzen wird deutlich, wie wichtig die selbstständige Auseinandersetzung der Lernenden mit den Lerninhalten – als Grundlage für Lernen – ist: Lernen ist als ein individueller, aktiver Prozess der Vernetzung zu verstehen (Wahl 2013). Komplexität, Vernetzung und Eigenaktivität sind logisch schlüssig als Bedingungen eines gelingenden Lernprozesses abzuleiten.  

Im Zentrum von Eigenaktivität steht die Handlung, das Erstellen von Lernprodukten. Eine Gelingensbedingung hierfür sind sinnhafte Lernaufgaben. 

Was muss eine gelungene Lernaufgaben an Kriterien erfüllen? 

  • Sie sollte an die Lebenswelt der Lernenden anknüpfen oder Bezüge zur ihr schaffen. 
  • So sollte sie exemplarisch und problem- oder konfliktorientiert gestaltet sein (vgl. Klafki 2007).  
  • Sie muss herausfordernd, aber nicht überfordernd sein. 
  • Anlehnend an das bekannte 4K-Modell sollte sie Räume für Kreativität, Kollaboration, kritisches Denken und Kommunikation bieten.  
  • Mehr als nur empfehlenswert sind Möglichkeiten der Mitbestimmung oder der Auswahl – auch unter dem Aspekt der Differenzierung. 
  • Eine Lernaufgaben sollte Fachwissen miteinbeziehen, Anwendungsbezüge herstellen und Urteile herausfordern, so dass verschiedene Anforderungsbereiche berührt werden. 
  • Es sollten jeweils verschiedene Kompetenzbereiche des Faches abgedeckt werden, wie z.B. Sach-, Methoden, Urteils- oder Handlungskompetenz.  

Lernaufgaben korrespondieren stark mit Material und Lernprodukt. Leisen spricht von einer „Trias“ (Leisen 2016, S.65) innerhalb der materialen Steuerung von Lernprozessen. Er formuliert u.a. folgende Grundsätze für Lernprodukte: 

  • fordern zum diskursiven Austausch heraus, 
  • leiten zum Perspektivwechsel an, 
  • sind kompetenzbezogen, 
  • sind herausfordernd und bewältigbar, 
  • sind vielfältig und variantenreich, 
  • werden ggf. mit Lernhilfen unterstützt, 
  • werden in passender Sozialform hergestellt, 
  • sind anschlussfähig (LU24) (ebd. S.49f) 

Trautwein entwickelte das „do talk!“- Instrument (Trautwein 2014) mit folgenden Gütemerkmalen: 

  • diagnostisch 
  • offen 
  • transparent 
  • angepasst 
  • lernerorientiert 
  • kooperativ 

Selbstverständlich ist, dass die Beachtung z.B. des Medienkompetenzrahmens (LU25) grundsätzlich Eingang findet.  

Oehmann/Blumschein entwickelten einen aufgabendidaktischen Kompass (Oehmann, Blumschein 2019), der fünf Aspekte zur Planung heranzieht: 

  • Problem 
  • Situation 
  • Kompetenzen 
  • Handlung 
  • Lernende 

Ganz entscheidend dabei ist der didaktische Ansatz der Problemorientierung oder des problemlösenden Lernens. Gerade in frontalen Settings mangelt es an didaktischen Ideen, Lernstoff zu reduzieren und Brücken vom Gegenstand zum Thema zu bauen. Nur zu oft tappen Lehrende in die Stoffvermittlungs- oder Wissensfalle und münden in einer Lernkulturfalle (Henkenborg 2014, S.38). Ich halte den „didaktischen Imperativ“ (ebd. S.53) für einen der entscheidenden Momente, Lernen zeitgemäß zu gestalten. Die Lernaufgaben ergeben sich dann aus einer Problemstellung oder einem Konflikt mit Lebensweltbezug, sodass insbesondere schulisches Lernen wieder an Bedeutung und vor allem Relevanz gewinnt. Hier ist ein kategorialer Zugriff auf Probleme oder Konflikte (vgl. Giesecke 1974) ein geeigneter Weg, Lerninhalte vorzustrukturieren (vgl. Henkenborg 2011), denn Kategorien bieten Lehrenden und Lernenden auch die Chance, die Qualität der Lernprodukte zu diagnostizieren. Dazu bedarf es allerdings einer Zieltransparenz bereits im Vorfeld der Lernaufgabe! 

Zusammenfassend schlage ich vier wesentliche Planungskategorien vor, die bei der Konstruktion von Lernaufgaben innerhalb einer Lernumgebung adäquat zu beachten sind: 

  • Didaktik 
  • Motivation 
  • zeitgemäßes Lernen 
  • Feedback 

Lernaufgaben im Distanzlernen 

Beim Lernen auf Distanz bietet es sich an, Lernprozesse im Blended Learning (LU26) zu strukturieren, da Präsenzphasen nicht immer nötig und zielführend sind (vgl. Traub 2012). So wechseln sich synchrone und asynchrone Phasen ab, die Lehrerolle wechselt zwischen Planung, Instruktion, Begleitung, Beratung, Unterstützung und positiv-kritischer Rückmeldung. Es bedarf „so viel Vertrauen und Freiheit wie möglich, so viel Kontrolle und Struktur wie nötig“ (Krommer, Wampfler, Klee 2020). 

Lernaufgaben sind von Leistungsaufgaben zu unterscheiden. Sie dienen dem Lernen. Ein kompetenzbasiertes Feedback als Peer-to-Peer-Feedback oder als Feedback von der Lehrkraft an die Lerner ist Pflicht, ebenso wie ein Feedback der Lernenden an den Lehrenden. Lernaufgaben dienen immer auch der Diagnose als Ausgangspunkt für Differenzierung und weiterer Unterstützung. Leisen spricht von einem „Diagnoseradar“ (Leisen 2016, S.53).

Quelle: padlet.com/Kluesserath/Lernaufgaben (LU27) 

Weiterführende Links   

Mathematik Wohnungsprojekt: LU28

Lernaufgaben in Politikunterricht: LU29

Literatur

Aebli, Hans: Zwölf Grundformen des Lehrens. Eine allgemeine Didaktik auf psychologischer Grundlage. Medien und Inhalte didaktischer Kommunikation, der Lernzyklus. 14. Aufl., Stuttgart 2011. 

Brüning, Ludger/ Saum, Tobias: Erfolgreich unterrichten durch Kooperatives Lernen. Strategien zur Schüleraktivierung, Essen 2006. 

Brüning, Ludger/ Saum, Tobias: Direkte Instruktion. Kompetenzen wirksam vermitteln, Essen 2019. 

Giesecke, Hermann: Didaktik der politischen Bildung, 9. Aufl. München 1974. 

Henkenborg, Peter: Wissen in der politischen Bildung – Positionen in der Politikdidaktik, in: Autorengruppe Fachdidaktik: Konzepte der politischen Bildung. Eine Streitschrift, Schwalbach/Ts. 2011.  

Henkenborg, Peter u.a. (Hrsg.): Kompetenzorientiert Politik unterrichten. Planung, Durchführung und Analyse einer Unterrichtseinheit zum Thema Krieg und Frieden. Eine Einführung, Schwalbach/Ts. 2014

Klafki, Wolfgang: Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Zeitgemäße Allgemeinbildung und kritisch-konstruktive Didaktik, 6. Aufl., Weinheim und Basel 2007. 

Krommer, Axel; Wampfler, Philippe; Klee, Wanda: https://www.schulministerium.nrw.de/docs/Recht/Schulgesundheitsrecht/Infektionsschutz/300-Coronavirus/Coronavirus_Impulse_Distanzlernen/index.html (LU30)

Leisen, Josef: Guter Unterricht schafft Lerngelegenheiten. Ein Lehr-Lern-Modell für die Lehrerausbildung und das Lehrercoaching. Koblenz 2016 

Oehmann, Klaus, Blumschein, Patrick: Schluss mit der Donut-Pädagogik! Lebensnahe Lernaufgaben leicht gemacht. Bern 2019. 

Reich, Kersten: Systemisch-konstruktivistische Pädagogik. Einführung in die Grundlagen einer interaktionistisch-konstruktivistischen Pädagogik, 6. Aufl. Weinheim und Basel 2010. 

Traub, Silke: Projektarbeit erfolgreich gestalten, Bad Heilbrunn 2012. 

Trautwein, Klaus: Lernaufgaben, in: Henkenborg, Peter u.a. (Hrsg.): Kompetenzorientiert Politik unterrichten. Planung, Durchführung und Analyse einer Unterrichtseinheit zum Thema Krieg und Frieden. Eine Einführung, Schwalbach/Ts. 2014. 

Wahl, Diethelm: Lernumgebungen erfolgreich gestalten. Vom trägen Wissen zum kompetenten Handeln, 3. Aufl., Bad Heilbrunn 2013.


Das Buch zum Beitrag

Dieser Beitrag stammt aus unserem Buch “Hybridunterricht 101” – ein Gemeinschaftswerk von 33 Autor:innen, das zeigt, wie Hybridunterricht in modernen Unterrichtskonzepten umgesetzt werden kann. Es geht dabei nicht nur um die Digitalisierung sondern auch um soziale Aspekte, die für hybrides Lernen wichtig sind.

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Zum nächsten Kapitel…

  • Hybridunterricht 101
    • 1. Die Autor:innen stellen sich vor
    • Kapitel 2: Eine starke Beziehung aufbauen
    • Kapitel 3: Motivation in hybriden Lernsettings
    • Kapitel 4: Lernumgebungenklar und einfach strukturiert gestalten
      • 4.1 Präsenz- und Fernunterricht kombinieren
      • 4.2 Hybrides Lernen – Blended Learning: Blaupausen
      • 4.3 Videokonferenzen methodisch sinnvoll gestalten
      • 4.4 Präsenzphasen des Unterrichts agil und schülerzentriert gestalten 
      • 4.5 Lernarrangements im Sinne agiler Didaktik ausgestalten
      • 4.6 Methoden für kontakt- und bewegungsein-geschränkten Präsenzunterrichts auf Distanz in Zeiten von Corona
      • 4.7 Bedingungen des digitalen Fernunterrichts und die 4+1-Regel
      • 4.8 Lernaufgaben im Fokus
      • 4.9 Mit Lernaufgaben hybrides Lernen gestalten – Lehren neu denken 
      • 4.10 Dialogisches Lernen – auch im #digifernunterricht
      • 4.11 Inklusion und Fernunterricht?
    • Kapitel 5: Feedback – Lernen lebt von Rückmeldung
    • Kapitel 6: Kollaboration initiieren, gemeinsam stark werden
    • Kapitel 7: Leistung bewerten und würdigen – Zeitgemäße Aufgaben und Prüfungsformate
    • Kapitel 8: Planung von hybridem Unterricht
    • Kapitel 9: Lehrer:in sein – Unterstützungsmöglichkeiten

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