Katrin Wenzel – Juni 2020
Dies wird ein Bericht über meine jahrelange Erfahrung an einer Schule, die sich sehr intensiv mit der Elternarbeit beschäftigt. In diesem Kapitel geht es darum in dieser anstrengenden, aufregenden und sich schnell verändernden Zeit des Hybrid-Unterrichts Verlässlichkeit und Transparenz für alle an der Schule Beteiligten zu schaffen, so dass sich jeder als Teil dieser neuen Zeit des Unterrichtens fühlt. Der Arbeit und Kommunikation mit Eltern kommt ein neuer Stellenwert zu, da sich die äußeren Parameter verschoben haben. Dieses Kapitel soll zeigen, wie man konfliktreichen, belastenden und zeitraubenden Gesprächen vorbeugen kann. Daher hoffe ich, dass diese Hinweise hilfreich sein werden und sie im Alltag gebraucht werden.
Kommunikation mit Eltern in den Zeiten des Hybrid-Unterrichts
Kommunikation in Schule sollte immer wertschätzend, transparent, effizient, strukturiert und zeitnah erfolgen. Dies gilt nicht nur für Kommunikation mit Eltern sondern auch für Kommunikation mit Schüler:innen, mit Kollegen, mit der Schulleitung also im Grunde genommen mit allen an Schule Beteiligten. Auch in der Kommunikation mit Eltern sollte diese Kommunikation immer einen Mehrwert haben. Das heißt es soll bewusst gemacht werden, zu welchem Zweck diese Kommunikations-situation stattfindet. Dabei geht es oft auch um Multiperspektivität. Die Eltern haben oftmals eine andere Einschätzung der Situation oder des Kindes als wir. Es geht darum ganz wertschätzend und transparent diese verschiedenen Meinungen einander gegenüberzustellen und daraus einen Mehrwert zu ziehen und zu einem gemeinsamen Abschluss zu kommen. Gerade im Hybrid-Unterricht bekommt Kommunikation mit Eltern einen besonderen Stellenwert. Die Eltern sind oftmals zu Hause im Home-Office und begleiten ihre Kinder viel intensiver. Dabei sehen sie, wie ihre Kinder versuchen diese neue herausfordernde Situation von Hybrid-Unterricht, neuen digitalen Tools und neuen Aufgabenformaten zu meistern. Zum Teil beobachten sie dort, dass ihre Kinder zunächst frustriert und überfordert sind. Sie müssen sich eine neue Art des strukturierenden Arbeitens aneignen. Besonders in diesen Situationen, in denen ihre Kinder hilflos erscheinen, berührt das Eltern sehr und sie fühlen sich zum Handeln gezwungen. Dies sind oftmals Situationen, aus denen dann eher angespannte Kommunikation mit Lehrer*innen entsteht.
Auf der anderen Seite gibt es auch die Momente, in denen Eltern sehen wieviel Freude ihre Kinder an den neuen Aufgaben haben, wie sehr sie sich gelobt fühlen, weil sie gutes Feedback bekommen. Auch dies sind Momente, die Eltern dazu veranlassen in Kommunikation mit Lehrern*innen zu treten. Meines Erachtens – und das ist auch das, was wir an unserer Schule gerade beobachten – vermehrt sich der Kontakt zwischen Eltern und Lehrern*innen in Zeiten von Hybrid-Unterricht stark. Eltern treten vielmehr in Kommunikation mit der Schule, eben weil sie so viel involvierter sind. Daher sollten Wege geschaffen werden diese Kommunikation zu strukturieren und für alle Seiten transparent, effizient und gewinnbringend zu gestalten.
Rollenklarheit
Einer der wichtigsten Aspekte im Umgang mit Eltern ist die Wahrnehmung und die Akzeptanz, dass Eltern eine andere Rolle ausführen als wir Lehrer*innen. Dies hört sich zunächst simpel an und auch sehr offensichtlich, doch wird dies in Kommunikationssituationen mit Eltern oft vergessen. Kollegen machen sich Gedanken wie eine Kritik oder ein Konflikt entstehen konnte, obwohl es in den meisten Fällen vor allem um die unterschiedliche Rollenausübung und Wahrnehmung der Sache aus dieser Rolle heraus geht. Somit verlangt es in Kommunikations-situationen mit Eltern erst einmal die Rollenübernahme und die Rollenklarheit auszuüben und damit umzugehen.
Transparenz
In der Zeit des Hybrid-Unterrichts befinden auch wir Lehrer*innen uns in einer Zeit der Transformation. Vieles ist neu und die etablierten und eingespielten Wege müssen neugestaltet werden. Das stellt sowohl Lehrer*innen als auch Schüler*innen vor neue Herausforderungen. Bei einer Bildungspartnerschaft auf Augenhöhe ist es daher wichtig, diese neue Situation auch zu kommunizieren und transparent zu machen.
Ein Gelingensfaktor für erfolgreiche Kommunikation mit Eltern ist Transparenz. Die Kommunikation mit Eltern sollte immer transparent erfolgen in Bezug auf Motive des eigenen Handels, des Unterrichts, der Einschätzung des Lernverhaltens der Schüler*innen, die Einschätzung des Umgangs in der Klasse, die Einschätzung dessen was ansonsten noch an Schule gerade stattfindet. Diese Transparenz ist z. B. wichtig, weil euch gerade die Abituraufsichten davon abhalten ein individuelles Feedback zu verfassen oder der Wunsch der Schüler*innen euch zu einem bestimmten digitalen Aufgabenformat veranlasst. In den meisten Fällen hilft Transparenz, dass Eltern und Schüler*innen sich auf Dinge einlassen und Beweggründe verstehen. Dadurch wird auch die Gemeinschaft gestärkt, da alle Beteiligten das Gefühl haben involviert und Teil des Prozesses zu sein.
Regeln für die Kommunikation
Als Referendar/LiV (oder wie auch immer man es nennen mag) neu an die Schule zu kommen, ist an sich schon eine sehr herausfordernde Situation. Man muss sich in sehr viele neue Situationen einarbeiten. Wichtig ist sich anzuschauen, was es für Regeln bereits gibt. D.h. sind schon Wege der transparenten Elternkommunikation etabliert und gibt es dafür evtl. sogar Leitfäden. In vielen Dingen muss man das Rad nicht neu erfinden, sondern man muss einfach wissen, wie an der neuen Institution gearbeitet wird. Im besten Falle kann man auf Strukturen zurückzugreifen und damit auch nach außen ein einheitliches Bild von Kommunikation an die Eltern zeigen. Zum Beispiel haben wir an unserer Schule sehr feste Regeln für den Einsatz von Kommunikationswegen. Diese Wege haben sich bewährt und wurden von allen an Schule Beteiligten gemeinsam entwickelt. Dies erzeugt Sicherheit, Verlässlichkeit und Transparenz.
Möglichkeiten der Elterninformation
Es gibt verschiedene Möglichkeiten Eltern über eure Arbeit transparent und zeitnah zu informieren, um auch einer gewissen Anfragenflut eventuell vorzubeugen. Sehr gute Erfahrung haben wir an meiner Hamburger Schule dabei mit den folgenden Möglichkeiten gemacht:
1. einen Rückblick geben
2. einen Vorausblick geben
3. eine Sprechstunde anbieten
4. die Elternvertreter als Multiplikator nutzen
5. den Unterrichtsprozess visualisieren
Bei all diesen Möglichkeiten muss immer beachtet werden, dass die Zeit, die in der Klasse an Unterrichtsstunden verbringt, angemessen ist an die Kommunikationswege, die ihr anbietet. D.h. heißt Deutsch Klasse 5 ist etwas anderes als PGW (Politik-Gesellschaft-Wirtschaft) in Klasse 9 und wieder etwas anderes als Mathe in Klasse 10 bzw. 11, wo es um die Oberstufenzulassung geht. Im Grunde genommen muss das, was ihr anbietet, angemessen sein zu der Relevanz des Unterrichtsfaches in der Stufe. Für viele Eltern wird es eventuell zu viel sein, wenn ihr jede Woche einen Ausblick für das Fach Politik in Klasse 9 sendet. Für Eltern wird es dann aber wiederum sehr zuverlässig und angenehm sein, wenn ihr für das Fach Deutsch Klasse 5 einen Rückblick an die Eltern schickt, was gemacht wurde und wie der Hybrid-Unterricht läuft. In Klasse 10 kann es wiederum hilfreicher sein, eine Sprechstunde zu festen Zeiten anzubieten, sodass die Eltern und Schüler*innen wissen, dass sie euch verlässlich erreichen können.
Mögliche Wege und Tools
Die bewährte E-Mail ist für den Rückblick oder Vorausblick ein sehr gutes Mittel der Wahl. Hierfür kann einfach ein E-Mail-Verteiler genutzt werden, um die Mitteilungen an die Eltern zu schicken. Zudem eignet es sich auch, um den Elternvertretern Mitteilungen zu schicken, die diese dann auf ihren etablierten Wegen weitersenden.
Für eine Sprechstunde hat sich bei uns das Tool whereby.com als sehr gut herausgestellt. Der Sprechstundengast benötigt keinen Login, sondern kann einfach über einen vorher verschickten Link den Raum betreten. Für eine Sprechstunde kann im Grunde genommen jede DSGVO konforme Videokonferenzplattform gewählt werden. Die Einschätzung zu den Plattformen ändert sich leider schnell und ist auch immer Bundesland abhängig.
Um den Unterrichtsprozess zu visualisieren, kann jedes Tool verwendet werden, was einem eine Art Whiteboard zur Verfügung stellt. Den Link dafür kann man dann ohne Editierrechte versenden und so den Eltern einen Einblick in den Unterrichtsprozess geben. An unserer Schule werden dafür flinga.fi und padlet.com genutzt.
Eine weitere Möglichkeit ist auch den Rückblick oder Vorausblick auf einem wordpress.com Blog zu veröffentlichen. So haben die Eltern die Chance selbst aktiv zu werden. Sie können entscheiden, ob sie diese Information haben möchten. Im Gegenzug habt ihr die Gewissheit, dass die Informationen da sind und die Eltern sie abrufen können.
Abschließende Worte
Es geht nicht darum eine Serviceleistung für Eltern anzubieten, sondern darum Transparenz für die Situation und für alle an Schule Beteiligten zu schaffen. Denn die Erfahrung hat uns gezeigt, dass gerade durch nicht gegebene oder nicht wahrgenommene Information viele Missverständnisse entstehen können. Diese führen in den meisten Fällen zu kräftezehrenden und zeitraubenden Gesprächen, die im Vorfeld hätten vermieden werden können. Und gerade Kraft und Zeit gilt es sowohl im Referendariat als auch in der neuen Entwicklung des Hybrid-Unterrichts zu wahren und mit ihnen zu haushalten.
Was ich hier vorgeschlagen habe, sind Tools und Wege, die sich bisher bewährt gemacht und bestimmten Situationen konfrontativer Kommunikation vorgebeugt haben. Eltern sind in den meisten Fällen während des Hybrid-Unterrichts involvierter. Mit den vorgeschlagenen Möglichkeiten verschafft ihr Eltern nicht nur die gefilterte Sicht ihrer Kinder, sondern auch eure. In den stressigsten Zeiten der Corona-Pandemie hat uns das als Schule sehr geholfen, da wir so viel Frust und Leid vermindern konnten. Es hat uns aber auch immer wieder gezeigt, dass aus der Kommunikation mit Eltern auch vieles Tolles entstehen kann. Ich habe Hilfsangebote zu bestimmten Tools und Plattformen bekommen. Es wurden uns Fortbildungen angeboten von sehr erfahrenen Usern. Das waren großartige Momente. Und persönlich freue ich mich auch jedes Mal, wenn ich eine E-Mail zurück bekomme mit den Worten „Vielen Dank für Ihre Information. Wir fühlen uns gut informiert“

Das Buch zum Beitrag
Dieser Beitrag stammt aus unserem Buch “Hybridunterricht 101” – ein Gemeinschaftswerk von 33 Autor:innen, das zeigt, wie Hybridunterricht in modernen Unterrichtskonzepten umgesetzt werden kann. Es geht dabei nicht nur um die Digitalisierung sondern auch um soziale Aspekte, die für hybrides Lernen wichtig sind.
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