Ein Gastbeitrag von Miriam Zöllich
Bereits ganz am Anfang dieses Handbuchs habe ich geschrieben, dass Online-Formate anders sind als Präsenzformate. Anders, aber nicht unbedingt schlechter.
Ein schönes und inspirierendes Beispiel, wie ein Online-Seminar in der Praxis mit Hilfe digitaler Tools und Methoden (auch aus diesem Handbuch) kreativ umgesetzt werden kann, ist im nun folgenden Praxisbericht nachzulesen:
Eine Zeitung ist ein ur-kollaboratives Produkt. Ohne Teamarbeit geht in der Entstehung nichts. Gemeinsame Themenkonferenzen, gegenseitiges Feedback, klare Absprachen und Abläufe, Vertrauen und Flexibilität sind notwendig, damit unter Zeitdruck auch ein Zeitungsdruck entsteht. Schreiben, bebildern, layouten, korrekturlesen, nachbessern, umplanen, ergänzen, … und das alles idealerweise in ständiger Absprache mit den Kolleg:innen und/oder der Chefredaktion. Eine Zeitung oder Zeitschrift ist ein höchst komplexes und dynamisches Gemeinschaftsprodukt.
Wer also lernen will, wie man eine Zeitung macht, kann das nur schwer über Bücher oder Frontalunterricht. Der Zugang erfolgt idealerweise über Learning-by-doing. Seit etwa zehn Jahren gebe ich für die Hanns-Seidel-Stiftung Schülerzeitungsseminare, in denen die Schüler:innen genau das tun: Drei Tage lang lernen sie direkt in der Praxis den Mikrokosmos einer Zeitungsredaktion kennen. Nicht als Planspiel, sondern ganz real: Wir setzen Themenkonferenzen an, recherchieren und schreiben Artikel, laden Interviewpartner zu einer „Pressekonferenz“ ein, layouten Zeitungsseiten und drucken das Ergebnis am Ende aus. Innerhalb von knapp drei Tagen können die Nachwuchsredak-teur:innen nach harter Arbeit ein echtes Medienprodukt in ihren Händen halten und den Lernerfolg des Seminars selbst durchblättern.
Hinzu kommt – durch die mehrtägige Zusammenarbeit der Schüler:innen aus unterschiedlichen Klassen und Jahrgangsstufen – natürlich der positive Teambuilding-Effekt. Die Seminare finden meist in Bildungszentren oder Jugendherbergen mit Übernachtung statt. Gemeinsam arbeiten, essen und die Freizeit verbringen: Das ist der Kleber, der die Schülerzeitungsredaktionen zu einem vertrauten Team zusammenfügt und ihnen dann auch außerhalb des Seminars hilft, kreativ und produktiv miteinander zu arbeiten.
Wie schafft man es nun, dieses praktische Lernen und das Teambuilding der bisherigen Präsenzseminare in ein Online-Seminar zu übertragen? Im Auftrag der Hanns-Seidel-Stiftung konzipierte ich gemeinsam mit meiner Co-Referentin Christina Metallinos ein Online-Coaching für Schülerzeitungsredaktionen, das mit der innfloh-Redaktion des Ruperti-Gymnasiums in Mühldorf am Inn erstmalig erprobt wurde. Teilgenommen haben 15 Schülerinnen und Schüler zwischen der fünften und der zwölften Klasse, also zwischen elf und 18 Jahren. Einige von ihnen waren neu im Team und hatten auch wenig Vorwissen, was journalistisches Arbeiten angeht. Die Herausforderungen an uns als Seminarleiterinnen waren also
a) der unterschiedlichen Altersstruktur gerecht zu werden und das Coaching auch für jüngere Kinder abwechslungsreich zu gestalten
b) den unterschiedlichen Kenntnisstand zu berücksichtigen und
c) ein dynamisches und produktives Arbeiten in einem noch jungen Team anzuregen.

Das Buch zum Beitrag
Dieser Beitrag stammt aus unserem Buch “Das Handbuch für digitale Bildungsformate” – ein Werk von Christian Pfliegel.
Das Handbuch gibt allen Menschen, die bisher selbst wenig Erfahrung in der Durchführung von Online-Veranstaltungen haben, Werkzeuge, Tipps und Tricks an die Hand für einen guten Einstieg in die digitale Bildung. Vom Einladungsschreiben, über die Technik, bis hin zur Planung und Konzeption auch großer Veranstaltungen.
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