Entwicklung einer datenschutzkonformen Lösung zur digitalen Schulentwicklung
Simon Koch
Übersicht
Zusätzliche Information: Die offiziellen Apps (Module) sind kostenpflichtig.
Kurzbeschreibung
Die WoltLab Suite™ basiert auf einem kostenfreien, modularen Kern, der als GNU Lesser General Public License v2.1 lizensiert ist. Dieser ist durch offizielle kostenpflichtige Apps/Module/Plugins erweiterbar. Im offiziellen Plugin-Store des Herstellers sind weitere kostenfreie und kostenpflichtige Drittentwicklungen verfügbar. Ursprünglich entwickelte die WoltLab GmbH Software für den Aufbau von Internetforen. Mittlerweile wurde die Community Software jedoch auch um ein Content Management System (CMS), zur gemeinschaftlichen Erstellung, Bearbeitung und Organisation von Seiteninhalten erweitert. Sie bietet umfangreiche Möglichkeiten der Gestaltung und inhaltlichen Präsentation verschiedenster Inhalte und Medien. Im schulischen Kontext lässt sich diese Softwarelösung besonders gut anpassen und in den schulischen Alltag integrieren.
Projektentwicklung
An der Schule am Marsbruch kam dieWoltLab Software zunächst im Jahr 2007 im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit und zur Verbesserung der Kommunikation zwischen Schule sowie den Eltern und Erziehungsberechtigten zum Einsatz. Im Rahmen eines Forums konnten Schulleitung und Lehrkräfte Einträge erstellen. Neuigkeiten und Nachrichten aus der Schule sowie Erlebnisse und Unternehmungen aus dem Unterrichtsalltag konnten so datenschutzkonform den Eltern der Schüler:innen medial gestützt präsentiert werden. Es ergaben sich völlig neue Möglichkeiten, da Mitteilungshefte und einfache Geräte der Unterstützten Kommunikation diese Form und den Umfang der medialen Nachrichtenübermittlung nicht boten.
Im Gegensatz zu einem komplexen CMS, welches i.d.R. durch ein bis zwei Personen der Schule zur Pflege und Wartung der schuleigenen Internetseite betreut wird, besticht die Software der WoltLab GmbH durch ein einfaches Benutzer:innen – sowie Rechte-Management, sodass sämtliche Mitarbeiter:innen der Schule (Lehrkräfte, Therapie, Pflege und Schulsozialarbeit) ohne langwierige Einweisungen und Fortbildungen das neue Medium nutzen konnten.
Nachdem auch erste AGs und Arbeitsgruppen die Plattform nutzten, beteiligten sich auch immer mehr Schüler:innen bei der Präsentation von Arbeitsergebnissen, Projektwochen oder Unterrichtsgängen. Es entstanden Tagebucheinträge von Klassenfahrten, die außerhalb der Schule geplant, geschrieben und final veröffentlicht wurden.
Gleichzeitig wurden stetig weitere Ideen zur Digitalisierung des Schulalltags diskutiert und evaluiert. Als zweiter Baustein der Plattform wurde eine interne Datei- und Dokumentenablage implementiert. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine Lernmanagement-Systeme (LMS) oder Schulserver, die eine so umfangreiche und gleichzeitig einfach zu nutzende Datei- und Rechteverwaltung beinhalteten. Über die 2009 eingeführte Lösung wurden distributiv Dateien und erste Formulare bereitgestellt. Insbesondere die Arbeit außerhalb der Schule sowie die Arbeit bzw. der Aufwand für Teilzeitkräfte wurden so stark verbessert und optimiert. Es wurde schnell deutlich, dass ein interner Dateibereich des CMS der Internetseite der Schule nicht ausreicht und eine skalierbare Lösung für hunderte von Dateien benötigt wird.
Bis heute gab es zahlreiche Aktualisierungen der Software, welche eine komplette strategische Neuausrichtung der Plattform ermöglicht haben, da diverse Funktionen nachgereicht oder verbessert wurden.
Module für den Schulalltag
WoltLab Suite™ Core
Der kostenfreie Core hat ein responsives Design. Somit ist das Layout nicht nur nahezu barrierefrei, es passt sich automatisch dem jeweiligen Endgerät bzw. dessen Auflösung an und stellt alle Informationen und Inhalte optimal dar. Über einen Stil-Konfigurator lässt sich das Layout mit wenigen Klicks und einer Direktvorschau ändern. Umfangreiche Änderungen lassen sich über die Templates (Vorlagen) vornehmen. Über ein Benachrichtigungssystem wird auf neue Inhalte, aktualisierte Termine und Dateien hingewiesen. Dies geschieht im Browser oder optional auch per E-Mail. Über eine globale Suchfunktion lässt sich das gesamte System oder wahlweise auch die folgenden Module gezielt durchsuchen.
WoltLab Suite™ Forum und WoltLab Suite™ Blog
Über das Forum und den Blog lassen sich diverse Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit umsetzen. Über verschiedene Kategorien können Beiträge, Neuigkeiten und Nachrichten veröffentlicht werden. Das kann, abhängig vom Rechtemanagement moderiert oder live erfolgen. Auch schulinterne und öffentlich nicht einsehbare Kategorien sind möglich. Insbesondere im Distanzunterricht entstanden an der Schule am Marsbruch viele Ideen zur Nutzung dieser Module. Als eine Alternative zu Padlets entstanden Pinnwände, über welche ebenfalls multimediale Inhalte klassenbezogen geteilt und veröffentlicht werden konnten.
WoltLab Suite™ Gallery
Über die Gallery lässt sich eine umfangreiche Mediathek aufbauen. Nicht nur Fotos und Bilderserien von Schulveranstaltungen können dort hinterlegt werden. Die Radio-AG „Radio Marsbruch“ konnte hier ein Archiv der eigenen Radio-Sendungen aufbauen. Ebenfalls lassen sich die Folgen des schuleigenen Podcasts Marsbruch to go anhören. Im Rahmen schulinterner Fortbildungen (SchiLf) oder Mikrofortbildungen werden für alle Mitarbeiter:innen der Schule regelmäßig Video-Tutorials über dieses Modul veröffentlicht. Auch im Rahmen des Distanzlernens haben einzelne Kolleg:innen Videos für Schüler:innen veröffentlicht, welche dann in den klasseneigenen Pinnwänden eingebunden wurden.
WoltLab Suite™ Calendar
Der Kalender lässt sich in der chronologischen Listenansicht und als kompakte und bekannte Monatsansicht nutzen. Über verschiedene Kategorien können so Termine und Veranstaltungen des Schullebens, der Mitarbeiter:innen, Ferien, Feiertage und Terminabfragen veröffentlicht werden. Im Rahmen des durch COVID-19 erforderlichen Wechselunterrichts konnte die tag- oder wochenweise Beschulung sehr genau und übersichtlich dargestellt und den Eltern und Erziehungsberechtigten mitgeteilt werden. Über die Export-Funktion des Kalenders lassen sich Kategorien auf mobilen Endgeräten über den iCal-Standard abonnieren. Diverse Schultermine werden so automatisch auf den jeweiligen Geräten in der individuell genutzten Kalender-App hinterlegt.
Schulische mobile Endgeräte haben über Abonnement-Möglichkeiten innerhalb der zentralen Verwaltung (Mobile Device Managements, MDM) Zugriff auf sämtliche Kalenderkategorien über die jeweilige Kalender-App. Zu Gesamtkonferenzen, Stufenkonferenzen, Fachkonferenzen, Arbeitskreisen etc. wird über dieses Modul eingeladen. Die Tagesordnung lässt sich als PDF hinterlegen und über die Terminabfrage kann die Teilnahme bestätigt oder mit einem Grund verneint werden. Ebenfalls können so auch verschiedene Terminoptionen abgefragt werden, damit eine mehrheitliche Terminfindung erfolgen kann – ganz ohne externe Werkzeuge auf unbekannten oder internationalen Servern.
WoltLab Suite™ Filebase
Die Filebase wird an der Schule am Marsbruch als Datei- und Dokumentenablage verwendet. Mittlerweile werden ca. 900 Dateien in über 30 Hauptkategorien verwaltet. Formulare für die Ermittlung des sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs, Formblätter, Informationen der Fachkonferenzen, interne und öffentliche Konzepte, Informationen von Therapie und Pflege, Protokolle der Konferenzen, Arbeitskreise und Steuergruppe, Materialien zur Unterstützten Kommunikation, interne und öffentliche Unterrichtsmaterialien und die Zeugnisformulare haben dort ihren Platz gefunden. Sämtliche Formulare des Schulsekretariats wurden innerhalb dieses Moduls hochgeladen bzw. neu gebaut und als ausfüllbares Formular digitalisiert.
Somit wurde das Schulbüro entlastet und sämtliche Formulare stehen nur noch online zur Verfügung. Der Vorteil dieser distributiven Lösung ist das moderne Rechtemanagement, mit der sich Zuständigkeiten der Dateipflege und auch Zugriffsmöglichkeiten verwalten und einschränken lassen. Das versehentliche Überschreiben der blanko Zeugnis-Formulare oder sogar der sonderpädagogischen Gutachten auf einem Schulserver ist mit dieser Lösung gar nicht erst möglich – somit bleibt der Datenschutz gewahrt. Durch Datei-Versionen lassen sich Dokumente schnell aktualisieren und auch der alte Versionsstand ist nachvollziehbar und wiederherstellbar. Ebenfalls wurde das analoge Schulprogramm in Papierform durch die Dateiablage als „digitales Schulhandbuch“ transformiert und in ein digitales Arbeitsdokument umgewandelt, welches sich nahezu selbstständig aktualisiert bzw. durch einzelne Kolleg:innen aktualisiert wird. Die gesamte Schulentwicklungsarbeit wurde durch diesen Prozess nachhaltig (!) digitalisiert.
VieCode Lexikon/Artikelsystem
Das Lexikon wurde für die schulische Nutzung zweckentfremdet und in ein Katalog-System umfunktioniert. Über dieses Modul wurden sämtliche Bücher der Schulbibliothek sowie der schuleigene Zeitschriftenkatalog erfasst und inventarisiert. In einem weiteren Schritt konnten alle Mitarbeiter:innen privat angeschaffte Bücher inkl. Standortangabe (Zuhause oder Klassenraum) einpflegen. Im Rahmen der Einführung mobiler Endgeräte für Schüler:innen (personengebunden) und für Lehrkräfte war auch eine Übersicht über die vorhandenen Apps Voraussetzung für einen guten medialen Unterricht. Im App-Katalog lässt sich das schulische App-Angebot nach den o.g. Gerätetypen und nach Fächern sortiert darstellen. Die Fächer entsprechen zeitgleich den Ordnernamen der jeweiligen in der zentralen Verwaltung (MDM) hinterlegten Profilen mit fest definiertem App-Layout.
Darkwood.Design Ticketsystem
Sämtliche technischen und/oder medialen Anfragen werden in der Schule am Marsbruch über das Ticketsystem organisiert. Über vordefinierte Kategorien, die obligatorisch zu wählen sind, werden vorab Fragen gestellt, welche mögliche Probleme oder Fehler näher eingrenzen. Somit wird die technische Hilfestellung innerhalb der Schule von „Flur- und Türgesprächen“ auf die Plattform verlagert. Auch Rückfragen per E-Mail wegen fehlender Informationen sind nicht mehr notwendig, da nahezu alle relevanten Informationen beim Erstellen eines neuen Tickets abgefragt werden. Auch lassen sich feste Bezugspersonen je nach Kategorie konfigurieren. Wenn ein Ticket aufgrund eines vermutlichen Hardware-Defekts erstellt wird, wird die Seriennummer oder die schulinterne Suchnummer abgefragt und der Fall Mitarbeiter:in A zugewiesen. Bei einer Frage zum mediendidaktischen Einsatz einer App werden wiederum andere Informationen abgefragt und dieses Ticket Mitarbeiter:in B zugeordnet.
Finanzierung und Hosting
Seit 2007 wurden die Ideen bzgl. der Plattform und die Anschaffung der kosten-pflichtigen Apps/Module/Plugins durch den Förderverein der Schule am Marsbruch unterstützt und getragen. Neben den investiven Ausgaben für die Erstanschaffung fallen zu den konsumtiven Ausgaben die Major-Updates (Aktualisierungen, die den Funktionsumfang erweitern), die Branding-Free-Lizenz zum Entfernen der Urheberrechtshinweise und das Hosting (Betrieb und Speicher von Internetseiten) auf einem angemieteten Server in einem deutschen Rechenzentrum, welches CO2-frei durch Ökostrom betrieben wird. 2018 erhielt die Schule am Marsbruch das Agenda-Siegel der Stadt Dortmund für die nachhaltige Digitalisierung der Schulentwicklungsarbeit und die papierlose Schulverwaltung.
Schnittstellen und Kompatibilität
Über eine LDAP-Anbindung kann die Authentifizierung über das LDAP-Protokoll nachgerüstet werden. In Kombination mit IIS und AD wird der Single Sign-On (SSO) unterstützt. Über kleine Eingriffe in die Templates lässt sich das Flyout von LOGINEO NRW (Kommunikationsplattform und sichere Dateiablage für Schulen in Nordrhein-Westfalen) integrieren. Ebenfalls lässt sich auch nachträglich eine WoltLab-Installation als Kachel Schulhomepage in LOGINEO NRW definieren und einbinden. Bei IServ lässt sich eine solche Installation in der Verwaltung über System —> Navigation einbinden.
Fazit
Für die schulische Nutzung und für schulinterne Zwecke werden aktuell zahlreiche Softwaretitel und Plattformen angeboten. Aktuell erscheint es schwierig, nur ein Produkt zu nutzen, da die Produktvielfalt und Funktionsumfänge unübersichtlich und die individuellen Einschränkungen und Restriktionen der Produkte kaum zu erfassen sind. Jede Schule muss sich ein individuelles Produktportfolio zusammenstellen und dessen Nutzung vereinbaren. Zunächst sollte evaluiert werden, welches Produkt welche Funktionen bietet. Welche Funktionen benötigt die Schule? Welches Produkt nutzen die Mitarbeiter:innen final für welche Funktion? Somit entsteht ein individuelles schulinternes Produktportfolio. Die WoltLab Suite™ der WoltLab GmbH kann ein solches Portfolio nachhaltig ergänzen.

Das Buch zum Beitrag
Dieser Beitrag stammt aus unserem Buch “Diklusive Lernwelten” – ein Gemeinschaftswerk von 51 Autor:innen, das zeigt, wie digitale Medien die Inklusion wirklich aller Schüler:innen im Unterricht fördern kann. Mit vielen Erfahrungsberichten und Tipps direkt aus der Praxis!
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