Die App Tipp mal mit automatisierter Protokollfunktion
Katja Lauther
Übersicht
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Zusätzliche Information: Kompatibilität mittels iOS 9.3 (oder neuer)
Kurzbeschreibung
Folgende Fragestellungen können verdeutlichen, wie notwendig es ist, über eine Möglichkeit der Überprüfung des Sprachverständnisses zu verfügen:
- Wie häufig wird das Sprachverständnis der Schüler:innen – wenn überhaupt – und durch wen überprüft?
- Wie lange bleibt so ein Ergebnis unverändert in den Akten erhalten und ist es nach Jahren noch zutreffend?
- Wie spreche ich Schüler:innen an, wenn sie nur ein bedeutungstragendes Wort je Satz verstehen können?
- Wie formuliere ich Aussagen, wenn keine Verneinungen oder Fragewörter verstanden werden?
- Wo kann ich gezielt mit meiner Förderung ansetzen?
- Handelt es sich um provozierendes Verhalten oder fehlt das Verstehen?
- Wie viel können meine nicht oder nicht ausreichend verständlich sprechenden Schüler:innen verstehen, die aufgrund ihrer körperlichen Behinderung keine eindeutige Mimik und Gestik zeigen?
- Würden meine Schüler:innen in ihrer russischen, türkischen oder englischen Muttersprache mehr verstehen?
Zur Unterstützung dieser Fragestellungen kommt die Tipp mal-App ins Spiel.
Warum ist das Sprachverständnis wichtig?
Schüler:innen ohne (ausreichend verständliche) Lautsprache, Schüler:innen aus dem autistischen Spektrum, Schüler:innen mit Mutismus oder ohne ausreichende Deutschkenntnisse werden in ihrem Sprachverständnis und in ihren kognitiven Möglichkeiten häufig extrem unter- oder überschätzt. Beides kann zu Frustration und Verhaltensauffälligkeiten führen. Es gilt als Lehrkraft somit möglichst früh herauszufinden, was die Kinder und Jugendlichen verstehen können. Wenn ich in den Klassen danach frage, ist die Antwort oft in der Richtung: „Mehr, als man denkt“, oder „Versteht alles, aber gehorcht nicht“ oder “Schwer zu sagen, denn er/sie spricht ja nicht”. Frage ich weiter nach: Wie viele bedeutungstragende Wörter je Satz? Vergangenheitsformen? Plural? Verneinungen? Passivformulierungen? Fragewörter? Personalpronomen? Wie ist die Sinnentnahme? usw., so herrscht meistens Ratlosigkeit. Dabei ist das Sprachverständnis entscheidend daran beteiligt, ob eine Aufgabe oder Situation richtig eingeschätzt und darauf reagiert werden kann.
Um das unkompliziert herauszufinden, wurde die Tipp mal-App von Irene Leber und Anja Vollert konzipiert.

Bei der ca. 15 bis 20 Minuten dauernden Überprüfung sind die Schüler:innen selbst aktiv und bestimmen das Tempo. Mit der Tipp mal-App soll in erster Linie herausgefunden werden, was unter optimalen Bedingungen möglich ist. Alles wirkt eher spielerisch und nicht wie eine Überprüfung.
Eine Frage wird vorgelesen und das passende Bild dazu muss aus vier Auswahlbildern gefunden und angetippt werden (vgl. Abb. 7.9.2).

Bei richtiger Antwort gibt es eine freundliche Rückmeldung. Sollten sich nach einiger Zeit bei steigendem Anforderungsniveau die falschen Erstantworten häufen, kann unterbrochen werden und zu einem anderen Zeitpunkt an der Stelle weitergemacht bzw. ein kompletter Teilbereich auch erneut überprüft werden. Auch ohne spezielle Vorausbildung durchführbar hält die Tipp mal-App im Hintergrund für jede einzelne Aufgabe die Zeit bis zur Antwort und die Anzahl der falschen Antworten fest. Das ausführliche Protokoll lässt sich ausdrucken, archivieren und teilen (vgl. Abb. 7.9.3).

So erhält man eine detaillierte Grundlage für Gespräche und Förderplanung oder auch für die Beantragung eines Kommunikationsgerätes. Und wenn sogar bereits langjährig frustrierte Schüler:innen mit ausgeprägtem Fehlerbewusstsein ausrufen: “Das macht Spaß”, läuft irgendwie alles richtig.
Tipp mal ist eine iPadOS App zur qualitativen Sprachverständnis-Überprüfung und soll helfen, einander besser zu verstehen und vor allem die eigene Ansprache und die Förderung an die Möglichkeiten der Schüler:innen anzupassen. Dadurch, dass die Überprüfung quasi selbsterklärend ist und nur ca. 15 bis 20 Minuten Zeit benötigt, aber auch unterbrochen und später fortgesetzt werden kann, eignet sie sich bestens dafür, auch häufiger durchgeführt zu werden, um so Entwicklungsverläufe zu dokumentieren.
Tipp mal gibt es auch in anderen Sprachen und als Erwachsenen-Version
Tipp mal gibt es mittlerweile in den Sprachen Englisch, Türkisch und Russisch. Wegen der für verwaltete iPads problematischen In-App-Käufe gibt es inzwischen auch eine Gesamtversion aller Sprachen. Die überprüfende Person selbst muss übrigens dabei die jeweilige Fremdsprache nicht beherrschen, kann aber dennoch wertvolle Informationen über das Sprachverständnis in der Erstsprache sammeln.
Das Protokoll stellt die Überprüfungsfragen in beiden Sprachen dar und es lassen sich für die bessere Verfolgung des Geschehens während der Überprüfung auch Blanko-Protokolle mit Platz für eigene Beobachtungen ausdrucken. Für Einrichtungen mit Erwachsenen wurde eine eigene Version erstellt (bisher nur in deutscher Sprache). Hier sind die Situationsbezüge angepasst und die Ansprache erfolgt in der Sie-Form.
Weiterführende Hinweise
Homepage sowie weiterführende Informationen: TM02

Das Buch zum Beitrag
Dieser Beitrag stammt aus unserem Buch “Diklusive Lernwelten” – ein Gemeinschaftswerk von 51 Autor:innen, das zeigt, wie digitale Medien die Inklusion wirklich aller Schüler:innen im Unterricht fördern kann. Mit vielen Erfahrungsberichten und Tipps direkt aus der Praxis!
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