Lea Schulz & Igor Krstoski
Dieses Buch stellt einen wichtigen Beitrag dar, wie digitale Medien sinnvoll im Unterricht unabhängig vom Ort der Förderung eingesetzt werden können. Durch das Vorhandensein von digitalen Medien ist deren didaktisch sinnvoller Einsatz nicht sichergestellt. Daher steht in diesem Buch der didaktisch-methodische Einsatz im Vordergrund. In der Praxis findet sich aber auch eine gewisse Diskrepanz und verschiedene Barrieren, durch die Zugangsmöglichkeiten zu Lernangeboten nicht gewährt werden.

Exemplarisch ist auf eine Meta-Studie von Walter-Klose für den Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung zu verweisen. Mangelndes Fachwissen aber auch wenig Know-How über deren didaktisch-methodischen Einsatz stellt eine Barriere dar. „So wurden für die Kinder und Jugendlichen verordnete Hilfsmittel mangels Fachwissen der Lehrer häufig nicht eingesetzt, die Verantwortlichkeit für Wartung der Hilfsmittel blieb ungeklärt“ (Walter-Klose 2015, S. 135). In diesem Zusammenhang scheint das weit verbreitete Technological Pedagogical Content Knowledge (TPACK)-Modell in Anlehnung an Mishra und Koehler (2006) Hinweise zu geben, welche Kompetenzen über den Einsatz digitaler Medien im Unterricht entscheiden.
„Das TPACK-Modell beschreibt fachliches, bildungswissenschaftliches und technologisches Wissen als sich überlappende zentrale Wissensbereiche von Lehrkräften für das Unterrichten in einem durch Technologie geprägten Umfeld und leitet aus den jeweiligen Schnittbereichen für Lehrkräfte relevante Wissenskategorien ab“ (Beißwenger et al. 2020, S. 46).
Ausgehend von drei Kompetenzbereichen, die „das allgemeine pädagogische Wissen (Pedagogical Knowledge, PK) und das auf ein Schulfach bezogene Fachwissen (Content Knowledge, CK)“ (Kaspar et al. 2020, S. 390) umfassen, wird durch das technologiebezogene Wissen (Technological Knowledge, TK) ergänzt.
„TK umschreibt den Umgang mit sich stetig verändernden und weiterwickelnden Technologien und kann somit durchaus als basales Technologienutzungswissen deklariert werden“ (ebd.). Interessant werden die jeweiligen Schnittmengen zwischen den drei Kompetenzbereichen. Mit dem Technological-Pedagogical Knowledge (TPK) wird geklärt: „Wie kann man Inhalte leichter zugänglich machen?“ (Kleinhanß 2015, S. 110). Das Technological-Content-Knowledge (TCK) beschreibt, „Wissen über Technologieeinsatz gemäß der dem jeweiligen Unterrichtsfach zugeordneten Fachwissenschaft“ (Beißwenger et al. 2020, S. 46).
Pedagogical Content Knowledge (PCK) wiederum stellt das (sonder-)pädagogische fachdidaktische Wissen dar. „Diese erlauben die Entscheidung über sinnvolle Verbindungen von Didaktik und Inhalt“ (Kleinhanß 2015, S. 110). Exemplarisch ist in diesem Zusammenhang auf folgendes Zitat aus der Fachrichtung körperliche und motorische Entwicklung hinzuweisen: „Die Didaktik des Unterrichts mit körperbehinderten und chronisch kranken Kindern ist im Grunde keine Sonderdidaktik, sondern eine hochdifferenzierte allgemeine Didaktik“ (Bergeest 2002, S. 16).
Die allgemeine Didaktik beschreibt damit die Grundlage der Arbeit mit allen Kindern, unabhängig vom jeweiligen Lehramt und (besuchten) Schulart. Das bedeutet, dass in Anlehnung an gängige Theorien ein Bewusstsein über etwaige Herausforderungen beim Lernen für alle Schüler:innen sowie Lösungsmöglichkeiten zur Überwindung potenzieller Lernbarrieren bekannt sind. Spezifische Herausforderungen für bestimmte Personengruppen können mit sonderpädagogischer Expertise begegnet werden. Dieses findet man im Modell TPACK (vgl. Abb. 3.4.1) als PCK benannt. Exemplarisch sei hier beispielsweise auf den Schriftspracherwerb von Menschen ohne Lautsprache verwiesen (vgl. Wieczorek 2006; Thiele 2007).
Angereichert wird dieses Wissen um technisches Wissen, bspw. über die Rolle Assistiver Technologien beim Schriftspracherwerb für den genannten Personenkreis (vgl. Krstoski 2020a; Krstoski 2020b). Das Mehrperspektivenmodell des TPACK wirft verschiedene Aspekte auf und berücksichtigt dabei didaktisch-methodische Zugänge. Dies gilt ebenso für die anderen Ebenen des Fünfebenen-Modells, das Lernen (und Lehren) durch, mit und über digitale Medien.
In dem Überschneidungsbereich der drei letztgenannten spezifischen Kompetenzbereiche ist das „Wissen über das Unterrichten mit und über digitale Technologien im jeweiligen Unterrichtsfach“ (Beißwenger et al. 2020,46), das sogenannte TPACK.

Das Buch zum Beitrag
Dieser Beitrag stammt aus unserem Buch “Diklusive Lernwelten” – ein Gemeinschaftswerk von 51 Autor:innen, das zeigt, wie digitale Medien die Inklusion wirklich aller Schüler:innen im Unterricht fördern kann. Mit vielen Erfahrungsberichten und Tipps direkt aus der Praxis!
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