Diese Gefühlte Wahrheit von Martin Lüneberger (vgl. Abb. 1.1) fasst den Eindruck zusammen, den man im Frühsommer 2020 gewinnen konnte: Trotz intensiver Recherche fand man an Netzpublikationen zum Distanzlernen für Lernende mit Beeinträchtigung oder in inklusiven Settings nur sehr wenige Quellen, meist hervorgegangen von Einzelinitiativen, wie Blogs, Posts und Tweets sowie vereinzelt Berichte auf Homepages von Förderschulen.

(eigener Screenshot und Bearbeitung)
Die Suche nach Material gestaltete sich daher als aufwändig und ließ sich am besten gemeinsam in Netzwerken gestalten. Im September 2020 hatte Martin Lüneberger die Idee, mittels einer Online-Pinnwand dazu aufzurufen, dass sich Lehrkräfte aus dem Bereich sonderpädagogische Förderung aus dem gesamten Bundesgebiet vernetzen. Der Link zur Website wurde auf Twitter unter den Hashtags #twitterlehrerzimmer, bzw. #twlz und #sopaed veröffentlicht. Schnell entstand innerhalb dieses sozialen Netzwerks die Idee, die Expertise für ein gemeinsames Projekt zur Sammlung von Hinweisen zu Materialien, geeigneten Tools zu nutzen.

So wurde die Idee eines gemeinsamen Buches geboren und über eine Homepage zur Mitarbeit aufgerufen. Auch der Themenschwerpunkt war schnell gefunden: es sollte um die Teilhabe aller Schüler:innen an einer durch Digitalität geprägten Lernkultur gehen.
Die Leitfragen lauten:
- Wie gelingt es Lehrkräften in ganz unterschiedlichen Settings Lernarrangements unter Einbezug digitaler Medien für alle Kinder und Jugendlichen einer Klasse auch über die Zeit des Distanzunterrichts hinaus zu erstellen?
- Wie kann mit digitalen Medien individualisiert, differenziert und kollaboriert werden?
- Wie kann (inklusive) Medienbildung in der gesamten Lerngruppe ausgebildet und gefördert werden?
- Wie sollte eine entsprechende Schulentwicklung aussehen?
- Wie gestaltet sich eine entsprechende Ausbildung von angehenden jungen Lehrkräften?
- Kurz: welche Möglichkeiten und Grenzen der Diklusion gibt es derzeit?
Einundfünfzig Autor:innen – Lehrkräfte, Wissenschaftler:innen, Professor:innen, Medienberater:innen, Fachleiter:innen, Lehramtsanwärter:innen, App-Entwickler:innen und v.a. Schüler:innen – trugen mit ihren Beiträgen dazu bei, dass die Idee eines gemeinsamen Buches Realität wurde. So breit die Autor:innenschaft (vgl. Kap. 1.2) aufgestellt ist, so weit ist das Feld, das mit ihren Artikeln abgedeckt wird. Ideen aus der Praxis für die Praxis. Das Buch richtet sich sowohl an Leser:innen, die selbst zu den Themen digitale Medien und Inklusion arbeiten, als an Interessierte, die sich gerne einen Überblick verschaffen wollen und nach Inspirationen suchen.
An dieser Stelle möchten wir allen Autor:innen herzlich danken, die sich auf dieses Buchprojekt eingelassen haben und mit Engagement, Ideenreichtum und Freude ihre Ideen, Tipps und Tricks teilen. Nur mit eurer Hilfe war es möglich, dieses großartige Projekt zu verwirklichen. Sharing is caring – diese Haltung treibt uns an. Wir freuen uns deshalb sehr mit Visual Ink Publishing einen Verlag gefunden zu haben, der sich ganz dem Open Source Publishing verschrieben hat.
Auch wenn dieses Buch folglich ein Buch aus dem Netz ist, soll es eine breite Leser:innenschaft auch außerhalb der Bubble des #twitterlehrerzimmers ansprechen. So wird es nach der Online-Version eine Druckversion des Buches geben, um alle Pädagog:innen und Interessierte erreichen zu können. Im Sinne eines Arbeitsbuches will diese Publikation möglichst konkrete Handlungsempfehlungen geben. Eingebettet in einen wissenschaftlichen Hintergrund finden sich vorrangig Unterrichtsbeispiele, Hinweise zu Tools und Apps, aber auch Planungshilfen für Schul- und Seminarentwicklung und Erfahrungsberichte in dem Buch wieder. Vor allem aber soll es Lust machen diklusive Lernwelten zu entdecken, selbst zu gestalten und zu teilen.
Um die Orientierung innerhalb der einzelnen Kapitel zu erleichtern, weisen diese am Rand eine farbliche Markierung auf. Gesetzte Toolboxen zu Beginn in den Artikeln verweisen auf die eingesetzten Tools, Apps oder technischen Geräte, die jeweils mit einem Code, der auf einen Hyperlink verweist, ergänzt sind. Zunächst entfalten Lea Schulz und Igor Krstoski in Kapitel 3 den Begriff der Diklusion, verweisen auf die Chancen digitaler Medien, begründen mit dem Empowerment-Ansatz einen digital-inklusiven Unterricht und umreißen die Kompetenzen der Lehrkräfte sowohl im Hinblick hierauf als auch auf sonderpädagogisches diklusives Expert:innenwissen. Der weitere Aufbau des Buches orientiert sich an dem Modell digitaler Medien im inklusiven Unterricht (Schulz 2018; vgl. Kap. 3.3). Jedem Kapitel geht eine Einleitung voran, die die Praxisbeispiele in den jeweiligen fachlichen Zusammenhang einordnet.
In Kapitel 4 stehen Assistive Technologien im Vordergrund. Hier findet sich eine Sammlung von Ideen zur für die barrierefreie Unterrichtsplanung und zur Kompensation einer Beeinträchtigung durch digitale Medien. Dieses Kapitel schließt mit persönlichen Erfahrungen zur Nutzung Unterstützter Kommunikation ab.
In Kapitel 5 zeigt vielfältige Möglichkeiten des Lernens mit Medien zur Individualisierung auf. Zum einen veranschaulichen Beispiele aus der Unterrichtspraxis, wie Tools und Apps einen Beitrag zur Individualisierung, Förderung und Selbststeuerung leisten können. Zum anderen konkretisieren Berichte, wie Individualisierung in einzelnen Fächern auf diese Art und Weise gelingen kann. Erfahrungsberichte von Seiten einer Schülerin und einer Lehrkraft ergänzen die vorangegangenen Ausführungen.
Anschauliche Beispiele zum Lernen mit Medien im Hinblick auf die Förderung der Kooperation/Kollaboration sind in Kapitel 6 aufgeführt. Es zeigt sich, dass heterogene Lerngruppen in der gemeinsamen Bearbeitung von Projekten gerade durch digitale Medien profitieren.
In Kapitel 7 werden Tipps und Tricks für die Lehrkraft rund um die Organisation von Unterricht, zum Lehren mit Medien zusammengetragen. Das weite Feld von Unterricht im Hinblick auf die Erstellung von individualisiertem Arbeitsmaterial, der Durchführung inklusivem Classroommanagements, Feedback oder Diagnostik wird hier – inklusive passender Tools und Apps – thematisiert. Reflexionen zu Veränderungen im Unterricht runden dieses Kapitel ab.
Die Förderung von Medienkompetenz im Sinne des Lernens über Medien auf der gesellschaftlichen Ebene wird in Kapitel 8 thematisiert. Ein gut gestalteter Hybridunterricht, der Einsatz kindgerechter Nachrichtenportale, eigenes Recherchieren und Experimentieren mit Medien von Schüler:innen führt zu einer erhöhten Medienkompetenz.
Neben den unterrichtlichen diklusiven Lernwelten sind die diklusive Schulentwicklung (Kapitel 9), die berufliche Bildung (Kapitel 10) und die diklusive Lehrer:innenbildung (Kapitel 11) die grundlegend zur Chancengleichheit aller Schüler:innen beitragenden Faktoren.
Das Buch schließt mit einem sehr persönlichen Epilog in Kapitel 12 ab.
Ein Glossar (Kapitel 13) mit Fachbegriffen dient der Begriffsbestimmung. Alle Bilder sind mit Alternativtexten hinterlegt, so dass das Buch in dieser Hinsicht barrierefrei ist. Für Interessierte sind diese Beschreibungen der Grafiken und Tabellen ebenfalls in diesem Kapitel angefügt. Personen mit einer Sehbeeinträchtigung empfehlen wir die Nutzung des ePub-Formats, das von uns hinsichtlich einer Sehbeeinträchtigung optimiert worden ist.
Unser besonderer Dank geht an…
- Annette Kitzinger für die Bereitstellung der METACOM-Symbole, die aufgrund ihrer Verständlichkeit vielfach in Unterricht und Förderung verwendet werden und im Buch an vielen Stellen gezeigt werden,
- Prof. Dr. Sven Degenhardt für die Beratung und Begleitung in allen Fragen der Barrierefreiheit bei Beeinträchtigungen des Sehens und der damit verbundenen Gestaltung von Alternativtexten,
- Florian Hilgers, für die immer währende Beratung und Qualitätskontrolle der digitalen Formate mit dem Screenreader ebenso wie Christian Urff für die technische Beratung zu den Schriftarten,
- Luisa Szekély für die Gestaltung des Titelbildes, welches Diklusive Lernwelten in seiner Vielfalt und seiner Freude am Ausprobieren veranschaulicht,
- Lara Zeyßig für die Beratung und den Erstentwurf des Layouts,
- an unsere Familien, die zeitweise auf uns verzichten mussten
- und vor allem an die vielen Autor:innen: Herzlichen Dank an euch, dass ihr mit Engagement, Ideenreichtum und Freude eure Ideen, Tipps und Tricks geteilt habt. Nur mit eurer Hilfe war es möglich, dieses großartige Projekt zu verwirklichen.
Ihr wollt mehr vom Netzwerk hören? Vernetzt euch mit uns unter #diklusivelernwelten und besucht die Webseite www.diklusive-lernwelten.de.
Lea, Igor, Martin und Doro

Das Buch zum Beitrag
Dieser Beitrag stammt aus unserem Buch “Diklusive Lernwelten” – ein Gemeinschaftswerk von 51 Autor:innen, das zeigt, wie digitale Medien die Inklusion wirklich aller Schüler:innen im Unterricht fördern kann. Mit vielen Erfahrungsberichten und Tipps direkt aus der Praxis!
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