Anna Reuter
Der Ausgangspunkt
Lebenslanges Lernen. Während meiner Zeit als Schülerin der 70er und 80er Jahre wurde diese Leitlinie immer wieder von Lehrern und Eltern ausgegeben, deutlich spürbar mit Köder-Hintergedanken. Meiner Erinnerung nach aber sah ich eher den Angelhaken denn den Köder darauf; die Vorstellung den unangenehmen Teil der Schule ein Leben lang weiterhin betreiben zu müssen, war nicht erfreulich.
Heute geht es mir anders. Ich beneide geradezu heutige Schülerinnen und Schüler. Allein die vielfältigen Austauschprogramme, die Jahr für Jahr europa-, ja weltweite Begegnung ermöglichen, lassen mich (traurig, fast ein wenig wütend) an die mühseligen Diskussionen mit dem Lehr- und Erziehungskörper denken, um kurz vor dem Abitur doch noch für zumindest ein einziges Mal gemeinsam ins Ausland fahren zu dürfen. Am Ende wurde es eine Abschlussfahrt nach Belgien. Schön war es, zweifelsohne, aber geträumt hatten wir von weiter entfernten Destinationen.
Heute bin ich Fortbildungsjägerin, liebe das Twitterlehrerzimmer, eine großartige Quelle fortwährender Impulse und Inspirationen, kann nur schwer bei Fachliteratur widerstehen und träume von einem Seniorenstudium. Noch reizvoller ist die Vision, beispielsweise regelmäßig nach 5 Jahren Berufsleben wieder für 2 Jahre studieren zu dürfen, um dann gut gestärkt wieder zu wechseln. Wäre das ein Segen.
Nun habe ich das große Glück mich als Lehrerin systembedingt fortbilden zu „müssen“, so dass ich oft in Gelegenheit komme. So ist ein „Garant“ für lebenslanges Lernen, wie es der Titel dieses Abschnittes verspricht, für mich ein sehr positiv besetztes Versprechen. Gleichwohl stelle ich mir die Frage, was den Sinneswandel der inhaltsgesättigten Schülerin zum heutigen „Schwamm-Verhalten“ bewirkt. Dabei führe ich mir gleichsam Prinzipien gelingender Lernprozesse selbst vor Augen: Ich lerne die Wissensaspekte mit Freude, die für mich bedeutsam sind, z. B., weil ich das Potential für meinen Unterricht oder meine Seminargestaltung erkenne und die Erkenntnisse schnell zur Anwendung bringen kann. Ich wähle mir die Themen eigenständig aus und erfahre mich dabei als autonom und selbstständig. Ich habe eine Vorstellung davon entwickelt, welche Themen auch künftig von Bedeutung sein werden. Und ich befasse mich aktiv mit diesen aus der Überzeugung heraus, dass „Weiterlernen“ heute in besonderem Maße vonnöten ist:
Die schnelle Entwicklung digitaler Technologien und die Globalisierung brachten disruptive Veränderungen und werden diese weiterhin mit sich bringen.
Vielmehr gilt es, eine Kultur des Lernens als gesellschaftlichen Auftrag neu zu definieren und breit anzustoßen, um komplexen Herausforderungen besser zu begegnen.
Deren Auswirkungen auf die Gesellschaft von morgen sind nicht abseh-, gleichwohl aber gestaltbar, z. B. mit Blick auf die Ziele nachhaltiger Entwicklung. Eine Kultur der Digitalität gewährleistet Demokratisierung und Mitsprachepotential, erfordert in der Folge aber auch gesellschaftliche Teilhabe und Mitgestaltungswillen. Die Wissenshoheit in Zeiten der Industrialisierung lag bei wenigen Entscheidungsträgern, die Bedeutsamkeiten aus Gründen ökonomischer Prosperität ausmachten. Heute hingegen ist Wissen weltweit verfügbar, muss aber eigenständig verifiziert werden.
Und so geht mit „lebenslangem Lernen“ ein Auftrag neuer Ausprägungen einher: Erfolgreiches Lernen bedingt zum einen zielführende Selbststeuerungsmechanismen, wie beispielsweise bereits die Auswahl und Priorisierung relevanter Lerninhalte. Zum anderen setzt es Teilhabe an gemeinschaftlich entwickelten Wissenskonstitutionen voraus. Sowohl in formellen als auch informellen Lernprozessen kommen dabei deklaratives Sach- und Faktenwissen und vor allem prozeduales, konzeptionelles und metakognitives Wissen zum Tragen. Lebenslanges Lernen stellt also eine komplexe Aufgabe dar, die den Bildungsauftrag heutiger Gemeinschaften hinterfragt. Dieser zielt weder nur auf Schülerinnen und Schüler noch allein auf erwachsene Lernerinnen und Lerner in beruflichen Weiterbildungsphasen ab. Vielmehr gilt es, eine Kultur des Lernens als gesellschaftlichen Auftrag neu zu definieren und breit anzustoßen, um komplexen Herausforderungen besser zu begegnen.
Lebenslanges Lernen
Die Leitlinie ist bekanntermaßen nicht neu, hat aber im Kontext der jeweiligen Zeit verschiedene Ausprägungen erfahren (Kraus 2001, S. 5). Dass sie lange schon eher an Bedeutung zu- als abnimmt, verdeutlicht auch ein „Memorandum über Lebenslanges Lernen“ der Europäischen Kommission (EK) aus dem Jahr 2000. Bereits vier Jahre zuvor erklärte die EK das Jahr 1996 zum „Europäischen Jahr des lebensbegleitenden Lernens“. Mit dem Memorandum wurde allerdings einmal mehr 01 deutlich, dass die Zielebene der EK eine wirtschaftliche ist:
„Warum ist es höchste Zeit für eine solche Debatte? Warum misst die Europäische Union der Verwirklichung lebenslangen Lernens so hohe Priorität bei? Dafür gibt es zwei Gründe, die beide gleichermaßen bedeutsam sind:
In Europa ist die wissensbasierte Gesellschaft und Wirtschaft entstanden.
In Europa ist die wissensbasierte Gesellschaft und Wirtschaft entstanden. Mehr als jemals zuvor sind der Zugang zu aktuellen Informationen und Wissen sowie die Motivation und Befähigung zur intelligenten Nutzung dieser Ressourcen – zum eigenen Wohl und zu dem der Gemeinschaft – der Schlüssel zur Stärkung von Europas Wettbewerbsfähigkeit und zur Verbesserung von Beschäftigungsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit der Arbeitskräfte.
Europäer von heute leben in einem komplexen sozialen und politischen Umfeld. Mehr als jemals zuvor möchte der Einzelne sein Leben selbst planen, wird erwartet, dass er einen aktiven Beitrag zur Gesellschaft leistet, und muss er lernen, positiv mit kultureller, ethnischer und sprachlicher Vielfalt umzugehen. Bildung im weitesten Sinne ist der Schlüssel, um zu lernen und zu begreifen, wie diesen Herausforderungen zu begegnen ist.“ (EK 2000, S. 5f)
Zweifelsohne lassen sich Interdependenzen zwischen lebenslangem Lernen im Sinne nachhaltiger Bildungsprozesse und Beschäftigungsfähigkeit nicht leugnen. Aber den Herausforderungen und Bedarfen des 21. Jahrhunderts mit Qualifikation für einen nach monetären Gesichtspunkten ausgerichteten Markt zu begegnen, greift nicht nur zu kurz, sondern wäre mit Blick auf (die Komplexität relevanter) Bildungsziele gar verantwortungslos.
Modelle wie das Kompetenzmodell des Centers for Curriculum Redesign (CCR) beschreiben, über welche Kompetenzen wir im 21. Jahrhundert verfügen müssen. In einem umfassenden Framework werden vier Dimensionen von Bildung vorgestellt (Fadel, Bialik, Trilling 2017, S. 77):
- Wissen (im Sinne von „Was wir wissen“)
- Skills (im Sinne von „Wie wir nutzen, was wir wissen“)
- Charakter (im Sinne von „Wie wir uns in der Welte verhalten & handeln“)
- Meta-Lernen (im Sinne von „Wie wir reflektieren & uns anpassen“)
Der „Lernkompass 2030“ der OECD, 2019 erschienen und im November 2020 auch in deutscher Version veröffentlicht, fordert ebenfalls überfachliche Neuausrichtung: „Metakognition, lebenslanges Lernen und das Verständnis anderer Kulturen sind notwendig, um sich veränderten Lebensverhältnissen anzupassen.“ (OECD 2020, S. 72).
Lebenslanges Lernen muss Kompetenzen in den Blick nehmen, die erlauben komplexen Herausforderungen angemessen zu begegnen und gemeinschaftlich Veränderung zielführend zu gestalten.
Auch hier wird der Bezug zur Arbeitswelt hergestellt: „Um sich dem rasanten technologischen Fortschritt anzupassen und wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer neben Wissen, Skills, Haltungen und Werten auch soziale Skills entwickeln und ihr gesamtes Arbeitsleben lang neue Kenntnisse und Skills erwerben. Das setzt Flexibilität, eine positive Haltung zum lebenslangen Lernen und Neugierde voraus.“ (ebenda, S. 90)
Es bestätigt sich einmal mehr: Lebenslanges Lernen muss Kompetenzen in den Blick nehmen, die erlauben komplexen Herausforderungen angemessen zu begegnen und gemeinschaftlich Veränderung zielführend zu gestalten. 02
Einordnung des Begriffs Agilität
Welche Rolle spielt nun der Begriff „Agilität“ in diesem Kontext? Ist er ein weiteres Buzzword, das gut zu angesagten Narrativen eines gesellschaftlichen Umfeldes passt? Eine Folie, die, über die Leitlinie „lebenslanges Lernen“ gelegt, diese weniger angestaubt anmuten lässt? Kultur-Autoritäten dieser Ausprägung erfordern eine Einordnung, die den Hintergrund des Begriffs verdeutlicht und den Querbezug zum hier hergestellten Kontext des Bildungssystems herleitet.
Agilität im hier verstandenen Sinn lässt sich zunächst einmal herunterbrechen auf „Anpassungsfähigkeit in komplexen Herausforderungen/unsicheren Zeiten“. „We plan, but recognize the limits of planning in a turbulent environment.“ heißt es in den Hintergrunderläuterungen der Agile Alliance, der Organisation, die mit ihren Gründungsmitgliedern das Agile Manifest 2001 festgeschrieben hat (Beedle et al. 2001). Zwei grundlegende Pfeiler agiler Rahmenwerke wie Scrum u. a. sind demzufolge „Inspect“ und „Adapt“, Überprüfen und Anpassen.
Zweifelsohne sind diese Prinzipien auf schnellere Auslieferung von Produkten und damit höhere Kundenzufriedenheit (und -bindung) ausgelegt, folgen also wirtschaftlichen Interessen. So hat der Transfer dieser Prinzipien in das Bildungssystem sicherlich für manche Leser einen negativen Beigeschmack. Doch die gesellschaftlichen Veränderungen durch die digitale Transformation rufen die Frage auf, wie wir in der Zukunft leben und arbeiten wollen. Gehen wir davon aus, dass wir auch künftig für die Lebens- und Arbeitswelt ausbilden, legitimiert sich der Querbezug auf wirtschaftlich relevante Perspektiven, weil die Fragen nach dem Woraufhin bzw. der Intentionalität von (Aus-) Bildung eng damit verknüpft ist.
Auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten werden sich Märkte nach Effizienz und Produktivität ausrichten. Allerdings müssen diese – bereits heute – flexibler auf dynamische und komplexe Herausforderungen reagieren: Technologische Entwicklungen, schnell implementierte neue Geschäftsideen und volatile Wettbewerbssituationen erfordern anderes Organisations- und Führungshandeln und mehr Verantwortung der Mitarbeitenden. Langfristige, verbindliche Planung ist dabei eher hinderlich denn zielführend. Kurze Entwicklungsphasen und regelmäßige Zielüberprüfung und Neuausrichtung hingegen gewährleisten die o. g. Kundenzufriedenheit eher. Erfolgreiche Teams durchlaufen mithin einen Lernprozess, der ihnen durch kurze, fortwährend evaluierte Entwicklungsphasen erlaubt, zielführend nachzubessern und den Prozess, die Mittel und Wege veränderten Rahmenbedingungen anzupassen.
Hier ist Agilität im Sinne von kritisch-distanziertem Reflexionsvermögen von großer Bedeutung. Besonders herauszustellen ist eine Erkenntnis im Organisationsmanagement, die einem Paradigmenwechsel gleichkommt, weil sie veränderte Werte und Haltungen mit sich bringt: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind dann im Sinne der Organisation erfolgreich, wenn sie sich als sozial eingebunden, autonom und kompetent erleben. Diese vermeintlich „weichen“ Faktoren stellen somit einen relevanten Wirtschaftsfaktor dar, der Veränderungsbedarf in den Organisationen mit sich bringt. Abrufbares, messbares Wissen verliert an Bedeutung, da sukzessive Technologie und künstliche Intelligenz Aufgaben übernehmen, für deren Lösung Algorithmen quantifizierbare Datenmengen schneller und zuverlässiger als Menschen verarbeiten.
Diese vermeintlich „weichen“ Faktoren stellen somit einen relevanten Wirtschaftsfaktor dar, der Veränderungsbedarf in den Organisationen mit sich bringt.
Soziale, emotionale und metakognitive Kompetenzen hingegen sind in mehrdeutigen, unwägbaren Situationen, in kreativen Gestaltungsprozessen und in sozialen Gefügen unabdingbar und nicht durch Technologie zu ersetzen.
So verändern sich auch die Einstiege in berufliche Kontexte. Unternehmensleitungen beginnen um ihre Mitarbeiter zu werben und hierarchische Entscheidungsstrukturen aufzubrechen. Partizipation und vertrauensvolle Verantwortungsübergabe prägen Entscheidungsprozesse agiler Organisationen. Teams fokussieren sich auf selbstgewählte, leistbar eingegrenzte und damit erfolgsversprechende Herausforderungen und generieren Entwicklungsfortschritte durch regelmäßige Kommunikation und Reflexion. New Work-Bewegungen, eine immer stärkere Ausrichtung auf Teams in hoher Verantwortung oder auch vernetzte Arbeitsorganisation in Coworkingspaces zeichnen ein deutliches Bild veränderter Arbeitswelten. Unzählige Veröffentlichungen zu partizipatorisch geprägtem Führungshandeln im Sinne eines „Agile Leaderships“ machen eine sukzessive Abwendung vom tayloristischen Menschenbild der funktionierenden Auftragserfüller hin zu aktiv Mitgestaltenden in reflexiver Selbstverantwortung ebenfalls deutlich.
Bildungsvorgänge zeigen viele Parallelen zu oben benannten Entwicklungen und Erfordernissen auf. Gerade in Bildungskontexten untermauern die beschriebenen Prinzipien seit ehedem erfolgreiche Lernprozesse:
Lernen wird ebenfalls als ein Prozess des aktiven Anpassens verstanden: Lernende überprüfen, inwieweit neue Erkenntnisse zu ihren bisherigen Deutungen des Kontextes passen; relevante Neu-Konstrukte werden in vorhandene Wissensschemata der Lernenden eingebunden oder verändern diese Schemata, wenn Anpassung erforderlich ist, weil bestehende Konstrukte nicht mehr tragfähig sind (vergl. Piaget, herausg. durch Fadke 2003, S. 53f). Lernen ist ein aktiver, ko-konstruktiver Prozess.
Der Rückgriff auf die Selbstbestimmungstheorie (Deci, Ryan 1993) und die Werte und Prinzipien der sozialen Eingebundenheit, des Autonomie- und Kompetenzerlebens sind in besonderem Maße geeignet, erfolgreiche Lernprozesse zu ermöglichen:
In kooperativen, kollaborativen Bezügen zu lernen ist motivational bedeutsam und gewährleistet Multiperspektivität.
In kooperativen, kollaborativen Bezügen zu lernen ist motivational bedeutsam und gewährleistet Multiperspektivität.
Verantwortungsübernahme für den eigenen Lernprozess wird in tendenziell offenen, komplexen Aufgabenstellungen deutlich befördert und bahnt Selbststeuerungskompetenzen an. Lernsettings wie Projektlernen, Selbstorganisiertes Lernen oder Lernen durch Lehren bilden diese Potentiale ab.
Feedback und transparente, kriteriengeleitete Leistungsrückmeldungen im Sinne individueller Förderung 03 zeigen Progression und Kompetenzentwicklung auf. Sie machen Selbstwirksamkeit erfahrbar und sind darüber hinaus Grundlage für zunehmend selbstgesteuerte Lernprozesse in eigener Verantwortung.
Partizipation der Lernenden in Planungsprozessen und Mitgestaltungsmöglichkeit im Unterricht gewährleistet Autonomieerfahrungen und bietet bedeutsame Modelle demokratisch-gemeinschaftlichen Handelns.
Agile Prinzipien – Gelingensbe-
dingungen für lebenslanges Lernen
Die beschriebene Korrelation zwischen Agilität und erfolgreichem Lernen macht deutlich: Agiles Handeln ist weder im Kontext von Organisationsentwicklung noch im Bildungszusammenhang auf die Umsetzung entsprechender Methoden fokussiert. Vielmehr bildet erfolgreiches agiles Handeln einen Lernprozess ab, basierend auf Werten und Prinzipien, von denen wir im lerntheoretischen Kontext bereits lange um ihre Lernwirksamkeit wissen. Im Leitfaden des agilen Rahmenwerkes Scrum sind folgende Werte durch die Scrum-Entwickler Ken Schwaber und Jeff Sutherland bereits festgeschrieben: Commitment (im Sinne von (Selbst-) Verpflichtung, Verbindlichkeit), Mut, Fokus, Offenheit, und Respekt (Sutherland, Schwaber 2017).
Darauf aufbauend sind – wie zuvor dargelegt – Peer-Learning/Teamorientierung, Partizipation, Reflexion, Feedback, Vertrauen, Zielorientierung und klare Kommunikationsstrukturen Konditionen, die Entwicklungsprozesse zielführend begünstigen.
Man rufe sich nun die Forderung nach einer Lern-Kultur in Erinnerung, die der Leitlinie „Lebenslanges Lernen“ folgt. Dazu ist es geboten, möglichst viele dieser Gelingensbedingungen in Lernsettings umzusetzen.
Sie sind sowohl in produktiven agilen Organisationen fest verankert als auch in erfolgreichen Lernprozessen im Bildungskontext beobachtbar.
Man rufe sich nun die Forderung nach einer Lern-Kultur in Erinnerung, die der Leitlinie „Lebenslanges Lernen“ folgt. Dazu ist es geboten, möglichst viele dieser Gelingensbedingungen in Lernsettings umzusetzen. Letztere beziehen ausdrücklich jene Lernprozesse mit ein, die über die Phase des Lernens im schulischen Rahmen hinausgehen oder mit einer Öffnung der Schule einhergehen. So sind Lernsettings in Ausbildungsbezügen der Universitäten, der Studienseminare und entsprechend systemübergreifende Kooperationen explizit mitgedacht.
Allerdings ist es für Anwender im Entwicklungsprozess nicht hilfreich, sämtliche Implikationen breit aufzulisten und mit der Forderung zu verknüpfen, diese tunlichst in Gänze umzusetzen. Das würde dem Prinzip des Fokus widersprechen, der in agilen Lernarrangements empfohlen wird 04, und voraussichtlich in Überforderung führen. Stattdessen können Anwendungsbezüge und konkrete Beispiele vorentlasten und erlauben sodann den Transfer in eigenen Entwicklungsvorhaben. Demgemäß werden im Folgenden Umsetzungsszenarien aufgefächert und jeweils wirksamen Konditionen zugeordnet. Sie folgen dem Anspruch, über die Schule als Lernort hinaus, Lerngelegenheiten im Sinne des Leitbildes „Lebenslanges Lernen“ aufzuzeigen. Damit einher geht die Hoffnung, eine positive Haltung zum lebenslangen Lernen zu befeuern und möglichst niederschwellig kreative Gestaltungsprozesse anzustoßen.
Umsetzungsszenarien
1. „Agiles Peer-Learning im Studienseminar“
Szenario: Die angehenden Lehrerinnen und Lehrer eines neuen Ausbildungsdurchgangs im Studienseminar finden sich nach einer Einführungsphase, die vor allem dem Beziehungsaufbau und einer stabilen Identifikation mit dem neuen Ausbildungsrahmen dient, in selbstgewählten, möglichst interdisziplinären Teams zusammen. Bestenfalls erfolgt die Teambildung aufgrund eines gemeinsamen Forschungsvorhaben als Ausgangspunkt des Lernprozesses.

Ein bis zwei Fachleiter*innen des Studienseminars erweitern das Team; auch hier ist die Zuordnung nach Forschungsinteressen empfehlenswert. Ihre Rollenausgestaltung folgt dem Führungsstil eines Servant Leaders. D. h. sie begleiten den Lernprozess auf Augenhöhe, sind Ansprechpartner und ermöglichen dialogisches Lernen in beide Richtungen. Sie unterstützen die Gruppe darin, ihre eigenen Grundannahmen und handlungsleitenden Glaubenssätze zu hinterfragen und den Prozess zielorientiert auszurichten.
… sie begleiten den Lernprozess auf Augenhöhe, sind Ansprechpartner und ermöglichen dialogisches Lernen in beide Richtungen.
Das Team arbeitet in einem zeitlich festgeschriebenen Rahmen von ca. 2 bis 3 Monaten selbstgesteuert und eigenverantwortlich am Forschungsvorhaben. Dieses entspricht einer komplexen, lösungsoffenen Aufgabenstellung, die durch Routinen wie Teamreflexionen zu Beginn des Arbeitstages und transparente, gemeinsam verabschiedete Strukturen eine Komplexitätsreduktion erfährt.
Das Team gewährleistet zu Beginn der gemeinsamen Arbeit mittels entsprechender „Working Agreements“ 05 offenen, respektvollen Umgang miteinander. Im Prozess gewährleisten regelmäßige Kommunikationsroutinen Beziehungspflege und stellen darüber hinaus hohe Ziel-, Inhalts-, Prozess- und Verfahrenstransparenz sicher.
Je nach Vorhaben nutzt das Team Kooperationen, z. B. mit Universitäten und/oder Lehrerinnen und Lehrern und auch Schülerinnen und Schülern aus Schulen, die mit dem Lerngegenstand bereits Erfahrung gemacht haben oder ebenfalls aktuell damit beschäftigt sind.
In iterativen, schrittweise aufeinander aufbauenden Reflexionsgesprächen garantiert das Team einen empirisch untermauerten Optimierungsprozess, der auf Kompetenzzuwachs ausgerichtet ist. Arbeits- und Lernergebnisse/Erkenntnisse werden veröffentlicht und anderen Lern-Teams zur Verfügung gestellt. Die Vernetzung mit weiteren Teams dient der Perspektiverweiterung und ermöglicht kriteriengeleitetes Feedback auf Augenhöhe.
Ist das Forschungsvorhaben aus der Perspektive der Teammitglieder erfolgreich abgeschlossen, löst sich das Team auf, die Lernenden finden sich in neuen, forschungsorientierten Lerngruppen zusammen.
Die Leistung wird anhand von Erfahrungspunkten ausgewertet; bestenfalls wird der gesamte Ausbildungsprozess nicht mit Ziffern benotet. Stattdessen erfolgt eine erfahrungsbezogene Leistungsrückmeldung im Rahmen eines Coaching-Settings. Auch nach dem offiziellen Abschluss dieser Ausbildungsphase können Lehrerinnen und Lehrern im Amt diese Netzwerke nutzen, systemübergreifend weiterhin im Austausch bleiben und ggf. weitere „Erfahrungspunkte“ sammeln 06.
Hier relevante Konditionen, agilen Prinzipien folgend:
- Teamorientierung/soziale Eingebundenheit/Vernetzung
- Prinzip des Anpassens (Inspect and Adapt)
- Zielorientierung
- Kompetenzorientierung
- Autonomie/Selbstorganisation
- Gestaltungsmöglichkeit
- Reflexion
- Feedback
2. „Reflexion als fester Unterrichtsbestandteil“
Die Fähigkeit, in komplexen Herausforderungen zielführend und im Sinne des Gemein- und Eigenwohls zu handeln, erfordert in Zeiten vollständig verfügbaren, aber nicht gesicherten Wissens hohe Reflexionskompetenz. Blinde Flecken, handlungsleitende Motive und Grundannahmen müssen hinterfragt und ggf. neu ausgerichtet werden. Der Lernkompass 2030 der OECD schlägt mit dem Antizipations-, Aktions- und Reflexionszyklus (AAR-Zyklus) ein Instrument bzw. Verfahren vor, das mit Blick auf Reflexionskompetenz einen wesentlichen Beitrag leistet. Der AAR-Zyklus sei „ein iterativer Lernprozess, in dem die Lernenden ihr Denken kontinuierlich verbessern und somit zielgerichtet und verantwortungsvoll handeln.“ (OECD 2020, S. 21)
Damit Schülerinnen und Schüler über diese Kompetenzen verfügen, müssen Lernsettings Reflexionsprozesse thematisieren und Reflexionserfahrung ermöglichen (vgl. Reuter 2021).
Szenario: Die Schülerinnen und Schüler lernen in komplexen, längerfristig und interdisziplinär angelegten Lernsituationen. Zum Beispiel entwickeln sie ein Konzept für ihre Schule, wie Plastikmüll künftig vermieden werden kann. Fachspezifisch relevantes Wissen wird in projektbeteiligten Fächern erarbeitet; die fortwährende Rückkopplung auf das Projektziel zeigt die Bedeutsamkeit der Lerninhalte auf. Diese übergeordneten Lernsituationen gewährleisten Multiperspektivität, beispielsweise durch außerschulische Kooperationen oder Auftraggeber, mit denen die Schülerinnen und Schüler immer wieder in Kontakt treten und deren Bedarfe gemeinsam hinterfragt werden. Der Prozess ist geprägt von regelmäßigen Reflexionsphasen, auf die die Schülerinnen und Schüler mit Hilfe sukzessiv eingeführter und gemeinsam evaluierter Reflexionsinstrumente 07 so vorbereitet wurden, dass sie diese zunehmend selbstgesteuert durchlaufen können.
Die einzelnen Phasen eines erfolgreichen Reflexionslernprozesses sind den Schülerinnen und Schülern bekannt (vergl. Reuter 2021). Peer-Feedback-Phasen sind ebenfalls in diese Rituale integriert. Formatives Assessment gewährleistet selbstgesteuerte Selbstoptimierungsprozesse. Viele Einzelgespräche machen ressourcenorientierte Zielorientierung erfahrbar. Regelmäßiger Meta-Unterricht erlaubt den Aufbau systematisch-strukturierter Denkstrategien.
Hier relevante Konditionen, agilen Prinzipien folgend:
- Reflexion
- Feedback
- Kompetenzorientierung
- Verantwortungsübernahme
- Ressourcenorientierung/Kompetenzerleben
- Fokus (auf exemplarisch vertiefte Lernanlässe,
- die durch echte Verarbeitung Transfer erlauben)
- Prinzip des Anpassens
- Zielorientierung
3. „Barcamp in der Schule“
Szenario: Die Schülerinnen und Schüler einer Schule und ihre Lehrerinnen und Lehrer möchten nach einer längeren Phase der Schulschließung das Potential hybrider Lernsetting weiterhin gewinnbringend nutzen. Da das Kollegium und auch die Schülerschaft aber noch enormen Entwicklungsbedarf sieht, beschließt ein gemischtes Team aus Schüler*innen und Lehrer*innen ein Barcamp zum Thema „Hybridunterricht“ zu organisieren. Das Team vereinbart Kommunikationswege und -strukturen, so dass alle Beteiligten zu jeder Zeit über den aktuellen Stand, Stolpersteine und ausstehende Arbeitspakete informiert sind. Sie recherchieren gemeinsam in aktuellen Veröffentlichungen zum Thema und knüpfen nach und nach über soziale Medien ein Netzwerk zu Experten, die sie zu ihrem Vorhaben befragen. Sie lassen sich Feedback und Tipps geben, die Schüler und Schülerinnen erleben sich selbst und ihre Lehrer*innen in diesem Prozess als Lernende.
Nach und nach klärt sich die Organisationsstruktur, Probleme werden gemeinsam gelöst. Der Tag des Barcamps ist herausfordernd und sehr aufregend, das Team nimmt trotz kleinerer Unwägbarkeiten aber alle Hürden und blickt am Ende des Tages stolz zurück auf das positive Feedback der Schulgemeinschaft. Sowohl Schüler*innen als auch Lehrer*innen nehmen teil, wählen die für sie persönlich relevanten Themen aus und bringen sich aktiv ein in die jeweils angebotenen Workshops oder Diskussionsrunden. Die Schulgemeinschaft vereinbart, das Barcampformat regelmäßig zu nutzen und weiter zu öffnen, um auch Stakeholder wie Praktikumsbetriebe, Eltern und Nachbarn einzubinden.
Hier relevante Konditionen, agilen Prinzipien folgend:
- Soziale Eingebundenheit
- Kompetenz-/Erfolgserleben
- Partizipation
- Verantwortungsübernahme
- Fokus (auf konkrete Herausforderungen in zeitlich begrenztem Rahmen)
- Zielorientierung
- Feedback
4. „Mikro-Fortbildungen in der Schule“
Szenario: Angesichts der großen Diskrepanzen, die das Kollegium einer Schule in Bezug auf Medienkompetenzen bei sich selbst und auch bei den Schülerinnen und Schülern wahrnimmt, plant es die Einführung von schulinternen Mikrofortbildungen, die, bedarfsorientiert und niederschwellig, angeboten werden sollen. Ein kleines Team übernimmt die Verantwortung und lädt interessierte Schülerinnen und Schüler zur Mitarbeit im Planungsteam ein. Das Team entwickelt ein Verfahren, das barrierefreien Zugang aller Mitglieder der Schulgemeinschaft auf Informationen zum Vorhaben, die gemeinsam erarbeiteten Bedarfsmeldungen und Anmeldeformulare sowie Dokumentationen der angebotenen Mikrofortbildungen erlaubt.
Im Rahmen einer Schulkonferenz stellt das gesamte Team die geplante Struktur vor, die Idee wird mit breiter Zustimmung verabschiedet. Wenig später finden die ersten Workshops in von der Schulleitung im Stundenplan freigehaltenen Randstunden statt. Auch Schüler und Schülerinnen übernehmen einzelne Fortbildungen, an denen Lehrer*innen und jahrgangsstufenübergreifend weitere Schüler*innen teilnehmen. Über die in der Schule etablierten digitalen Infoboards werden die geplanten Mikro-Fortbildungen nun regelmäßig angekündigt.
Hier relevante Konditionen, agilen Prinzipien folgend:
- Kompetenz-/Erfolgserleben
- Partizipation
- Transparenz
- Struktur
- Kommunikation
- Verantwortungsübernahme
5. „WOL-Circles im Studienseminar“
Working out loud (WOL) umschreibt eine Selbstlernstrategie, die auf Beziehung und Vernetzung setzt, um die eigene Kompetenzentwicklung voranzutreiben und diese in einer zeitlich begrenzten Lernpartnerschaft anderen Lernenden nutzbringend zur Verfügung zu stellen. Sie findet statt im Rahmen eines standardisierten, zwölfwöchigen Lernzirkels (vergl. Stepper 2020). Die Teilnehmenden finden sich über Online-Plattformen und vereinbaren sich zu festen Peer-Coaching-Gruppen. Ein Team trifft sich in der Regel wöchentlich. Der Lernprozess wird begleitet durch Arbeitsempfehlungen, er schließt ab mit einer Reflexion.
Szenario: Im Studienseminar berichtet eine Lehramtsanwärterin in einem Pausengespräch von Erfahrungen eines Freundes mit WOL. Die interessierten Zuhörer berichten in ihren Seminaren davon und schnell macht die Idee die Runde. Es bildet sich ein Planungsteam, Fachleitungen und Lehramtsanwärterinnen und -anwärter planen gemeinsam, wie WOL-Circles in die Ausbildung zu integrieren sind. Über eine Online-Pinnwand organisieren sie die Möglichkeit, Interesse anzumelden und Gruppen zu bilden. Mit der Seminarleitung vereinbaren sie, dass 15 Stunden der zur Verfügung stehenden Ausbildungszeit für die vernetzte Lernarbeit in einem WOL-Circle genutzt werden können.
Die Dokumentation, die in den jeweiligen Circles abgestimmt wird, kann nach Absprache mit Ausbilderinnen und Ausbildern veröffentlicht werden und/oder in das eigene Lernportfolio integriert werden. Die Arbeit in den Circles erfolgt selbstorganisiert, Fachleitungen und Lehramtsanwärter*innen arbeiten hier zusammen und tauschen sich zu ihren jeweiligen Lernvorhaben aus. Die über die WOL-Plattform zur Verfügung gestellten begleitenden Circle Guides unterstützen den Lernfortschritt und bieten Methoden, Empfehlungen und Beispiele. Die Form der abschließenden Reflexion wird vorab in jedem Ausbildungsdurchgang gemeinsam entwickelt und abgestimmt. Erkenntnisse fließen in fest verankerte Peer-Feedbackphasen während der 12 Wochen und zum Abschluss ein. Lernen findet vor allem durch den Austausch, das Teilen von Wissen und den gemeinsamen den Abgleich miteinander, letztlich die Vernetzung statt.
Hier relevante Konditionen, agilen Prinzipien folgend:
- Zielorientierung
- Kompetenzorientierung
- Verantwortungsübernahme
- Autonomieerleben/Selbstorganisation
- Ressourcenorientierung/Kompetenzerleben
- Fokus (auf individuelle Lernvorhaben)
- Kommunikation
- Reflexion
- Feedback
6. „Lern-Café“
Szenario: In einem der Schule benachbarten Café treffen sich die älteren Schülerinnen und Schüler in den Pausen und nach der Schule regelmäßig. Es bietet viel Platz in einem der Hinterzimmer, man trifft sich zum Chillen, aber auch um letzte Hausaufgaben voneinander abzuschreiben oder noch gemeinsam für die Klausur des nächsten Tages zu lernen. Manches Mal entsteht informell eine sehr konzentrierte Lernatmosphäre. Das bringt ein paar ältere Schülerinnen auf die Idee, den Raum für ein aktuelles schulisches Projekt zu nutzen. Auftrag ist es, Ideen zur Unterstützung der bzw. Kooperation mit den Anwohnern im Umfeld der Schule zu entwickeln. Hintergrund ist der Wunsch der Schulkonferenz die Schule weiter nach außen zu öffnen, um auch außerschulische Lerngelegenheiten zu bieten und die Beziehung zur Nachbarschaft nachhaltiger zu fördern.
Die Schülerinnen suchen das Gespräch mit der Schulleitung und einzelnen Lehrerinnen und Lehrern, es bildet sich eine Projektgruppe, zu der nun auch der Cafébetreiber stößt. Sie entwickeln ein Konzept, das – sprechstundenartig organisiert – gemeinsame Lernzeit und Austausch im Hinterzimmer des Cafés vorsieht. Computerkurse für Senioren, Nachhilfestunden pensionierter Pädagogen und themenbezogene Meetups etablieren sich. Monatliche Treffen des Organisationsteams erlauben fortwährende Verbesserungen, einzelne Ideen werden erfolgreich umgesetzt, für andere finden sich keine Interessenten oder sie laufen aus, weil Vorhaben erfolgreich abgeschlossen wurden. Vielfach findet informelles Lernen statt.
Hier relevante Konditionen, agilen Prinzipien folgend:
- Autonomieerleben/Selbstorganisation
- Verantwortungsübernahme
- Kompetenz-/Ressourcenorientierung
- Soziale Eingebundenheit
- Hohe Relevanz metakognitiver, sozialer Kompetenzen
- Partizipation
7. „Universitätsübergreifende Seminararbeit“
Szenario08: Die pädagogische Hochschule der Stadt und das zugehörige Zentrum für Lehrerbildung planen ein interdisziplinäres, uniübergreifendes Projekt: Ein gemeinsames Schwerpunktthema, die Kultur der Digitalität und ihre Bedeutung für die universitäre Lehre, wird in Kooperation mit weiteren drei Universitäten gemeinschaftlich erarbeitet. Die Konzeption fußt auf Vernetzung und Interaktion der Beteiligten über diverse Kommunikationskanäle; jeder Ausbildungsstandort übernimmt anteilig Verantwortung für die Ausgestaltung der Seminare, zu denen jeweils alle Lernenden Zugang erhalten. Die entstandenen Lernmittel werden als OER (Open Educational Resources) zur Verfügung gestellt. Sowohl über synchrone als auch asynchrone Kommunikationswege wie Messenger, Online-Seminare, Social Media Accounts und einen entsprechend vereinbarten Hashtag findet Austausch informeller und fachlicher Art statt. Zukunftsrelevante Skills im Sinne des 4K-Modells (Kommunikation, kritisches Denken, Kreativität und Kollaboration) sind nicht nur Inhalt der Auseinandersetzung, sie werden gleichzeitig trainiert. Der Lernprozess mündet in ein gemeinsames Projekt, im Rahmen dessen die Lernenden gemeinsam eine Projektidee konzipieren, diese in einem Medienprodukt umsetzen und in einem Lernportfolio dokumentieren.
Hier relevante Konditionen, agilen Prinzipien folgend:
- Soziale Eingebundenheit/Vernetzung
- Hohe Relevanz metakognitiver, sozialer Kompetenzen
- Autonomieerleben
- Verantwortungsübernahme
- Kommunikation
- Kompetenz-/Ressourcenorientierung
- Partizipation
Zusammenfassung
Angesichts immer komplexerer Herausforderungen für unsere Gesellschaft und die in ihr sozial eingebundenen Menschen gewinnt die Leitlinie „Lebenslanges Lernen“ deutlich an Bedeutung. Der gesellschaftliche Auftrag geht mit einer Veränderung der Kultur des Lernens einher, die nicht mehr allein die Phase der Schulzeit oder Weiterbildungsphasen im beruflichen Leben Erwachsener fokussiert. Vielmehr wird durch ein Öffnen der jeweiligen Lernorte wie Schule, Studienseminar, Weiterbildungskolleg oder Universität ein vernetztes, kollaboratives Lernen ermöglicht, das Werten und Prinzipien folgt, die maßgeblich zum Erfolg der jeweiligen Lernvorhaben beitragen.
Gerade auf dieser Ebene zeichnen sich Übereinstimmungen mit agilen Entwicklungsprozessen ab, die ebenfalls Lernprozesse darstellen bzw. sichtbarmachen. Das agile Prinzip „Inspect and Adapt“ beispielsweise nutzt erfahrungsbasierte Erkenntnisse und Lernschleifen durch iterativ-inkrementelle Prozesse. Diese werden beständig reflektiert, schließen jeweils mit einer Evaluation ab und erlauben so die intentionale, inhaltliche und operationale Anpassung in nachfolgenden Phasen.
Den Lernprozess unterstützen strukturierte Handlungsempfehlungen, die dafür Sorge tragen, dass Gelingensbedingungen wie Teamorientierung oder regelmäßige Reflexion gewährleistet sind. Sicherlich eine der wesentlichsten Voraussetzungen für erfolgreichen Umgang mit komplexen Herausforderungen ist aber das Selbstverständnis einer/eines Lernenden und die aktive Entwicklung von und Beteiligung in Lernnetzwerken. Neugier auf Veränderungspotentiale und Freude an eigenen und gemeinsamen Entwicklungsprozessen sind ohne Zweifel Garanten erfolgreichen Lernens.
Vielmehr wird durch ein Öffnen der jeweiligen Lernorte wie Schule, Studienseminar, Weiterbildungskolleg oder Universität ein vernetztes, kollaboratives Lernen ermöglicht, das Werten und Prinzipien folgt, die maßgeblich zum Erfolg der jeweiligen Lernvorhaben beitragen.
Literaturverzeichnis
Beedle, M. et al. (2001). Agile Manifesto. https://agilemanifesto.org/; aufgerufen am 5.11.20, 11:15 Uhr
Deci, E.; Ryan, R. (1993). Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. Zeitschrift für Pädagogik 39, S. 223-238.
Fadel, C., Bialik, M., Trilling, B. (2017). Die vier Dimensionen der Bildung, Was Schülerinnen und Schüler im 21. Jahrhundert wissen müssen. Hamburg: ZLL21 e. V.
Kommission der Europäischen Gemeinschaften EK (2000). Memorandum über Lebenslanges Lernen. https://www.hrk.de/uploads/tx_szconvention/memode.pdf; aufgerufen am 29.10.20, 17:36 Uhr
Kraus, K. (2001) Lebenslanges Lernen – Karriere einer Leitidee. Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag
OECD (2020) Lernkompass 2030. http://www.oecd.org/education/2030-project/contact/OECD_Lernkompass_2030.pdf, aufgerufen am 7.11.20, 13:17 Uhr
Piaget, J. (2003) Meine Theorie der geistigen Entwicklung. Herausgegeben durch Fadke, R. Weinheim: Beltz Verlag
Reuter, A. (2020). Potentiale Agiler Prozesse: Das CCR-Modell. In T. Mittelbach (Hrsg.), Scrum in die Schule. eBook: Selbstverlag
Reuter, A. (2020). Lehr- und Lernausbildung als mobiles Perpetuum mobile. Vorabaufzeichnung Session Mobile Schule Oldenburg, 7.9.2020 https://youtu.be/zhTry58hTsA, aufgerufen am 7.11.20, 20:32 Uhr
Reuter, A. (2021). Reflexionskompetenz. In W. Klee, Ph. Wampfler, A. Krommer (Hrsg.) Hybrides Lernen. Zur Theorie und Praxis von Präsenz- und Distanzlernen. Weinheim: Beltz Verlag
Stepper, J. (2020) Working out loud. https://workingoutloud.com/resources, aufgerufen am 8.11.2020, 18.23 Uhr
Sutherland, J., Schwaber, K. (2017). Scrumguide (deutsche Version). https://www.scrumguides.org/docs/
scrumguide/v2017/2017-Scrum-Guide-German.pdf, aufgerufen am 7.11.20, 19:30 Uhr

Das Buch zum Beitrag
Dieser Beitrag stammt aus unserem Buch “Agilität und Bildung” – ein Gemeinschaftswerk von 34 Autor:innen aus der Bildungsbranche.
Das Thema „Agilität und Bildung“ lässt sich nicht einfach zwischen zwei Buchdeckel packen. Vielmehr zeigt sich, dass Agilität in Bildung ein schon bekanntes, und zugleich stetig wachsendes Feld ist. Agilität ist KEIN Buzzword, sondern steht für eine wohlüberlegte Herangehensweise. Dieses Buch ist der Versuch, viele Elemente der Agilität sichtbar zu machen: Grundgedanken über Agilität genauso wie Praxisbeispiele aus dem Bildungsalltag. Ein kundiger Reiseführer sozusagen.
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